Kaffee in Cafés

Blog-Nr. 373


Fotos zu einem Jahr

- und ein Lied




Ich könnte ja zu Hause. Die rote Nespresso-Maschine steht bereit, fleht vielleicht gar darum, bedient zu werden. Bleib doch hier. Bei mir. Es ist so ruhig in der Wohnung und du kannst auch Musik hören zum ersten Schluck, Leonard Cohen oder Bruce Springsteen, vielleicht besser ihn, seine Lieder geben Energie, Cohen macht melancholisch. Niemand stört hier bei mir.

Ich tue es nicht. Muss raus, anderswo wach werden, irgendwohin, meistens ins Totò im Seefeld, diesem schönen Lokal. Es zieht mich hierher, nicht nur, meistens aber, im Sommer besonders. Die rote Vespa hat draussen ihren Stammplatz, ich drinnen meinen Stammtisch, und das ist jener, der frei ist oder irgendwann wird, zum ersten Kaffee des Tages, einem Espresso, schwarz, mit einem Glas Wasser, meistens gefolgt von einer Latte Macchiato, auch ohne Zucker. Kein Gipfeli.

Und hier kann man noch lesen, auf Papier, die NZZ und den Tagi, es hat mehrere, sie sind aber so begehrt, dass man manchmal warten muss, bis eine der Zeitungen frei wird. Und der Mac muss Platz haben, er gehört dazu, wartet, bis er beschäftigt wird, und ist bereit für den ersten Tastendruck, den ersten Satz, der aber oft nicht in den Kopf will und damit auch der nächste nicht, und so liegt der liebe Laptop nur auf dem Tisch, vielleicht würde ihm ein Espresso auch guttun, ein doppelter.

Vieles könnte stören, es wird an den Tischen und an der Bar geredet, oft auch laut, Leute kommen, Leute gehen, viele kennt man, und manchmal kommt man auch ins Gespräch. Cafés sind Orte der Begegnungen und manchmal entwickeln sich Beziehungen. Will man aber allein bleiben, dann kann man das auch und dann hilft der Laptop, man schreibt irgendetwas, löscht es wieder, weil der erste Satz ein falscher war, zu nichts führt.

Hier schreibe ich auch diesen Text, es ist Nachmittag, der Espresso und der Latte Macchiato waren am Morgen, jetzt steht ein Glas neben mir, rot die Farbe.

Ich bin ein Kaffeetrinker. Drei, vier pro Tag, ein fünfter – oder ist es der sechste? – manchmal abends später; das soll man nicht, sagen dann andere am Tisch, er gehört aber manchmal dazu, nach dem letzten Glas, der Schlaf muss dann vielleicht warten. Es war doch einer zu viel.

Ich liebe Kaffee, aber ich bin trotzdem kein Kenner. Gut, ich schmecke schon, wenn er besonders gut ist, und es gibt grosse Unterschiede, aber viel wichtiger sind mir die Lokale, der Ort, das muss gar nicht immer ein Lokal sein, in dem ich aus einem Glas oder auch einem Becher einen Kaffee trinke, einen Becher mitgenommen an den See, das weckt und beruhigt gleichzeitig.

Und so habe ich in diesem Jahr, das heute zu Ende geht, immer wieder Bilder gemacht, von Kaffee-Stimmungen. Momentaufnahmen.

Ein Cappuccino und dazu Pasticcini di Mandela


Ich zähle auf, vergesse aber bestimmt manche Orte: Totò, klar; das Bohemia, das Serge an der Seefeldstrasse, in dem es jetzt auch türkischen Kaffee gibt, das Kornsilo, das Monocle, das auch ein Shop ist; dann in der Stadt, Collana, La Stanza, ganz italienisch, mit dem vielleicht besten Kaffee in der City, das Henrici im Niederdorf, das wunderbare Odeon, der Ort für so vieles, das Montmartre in der kleinen Gasse nahe der Limmat, das Mame im Seefeld, auch hier, ach der Kaffee ist so gut, das Maison 33, das Felix, die Bank am Helvetiaplatz, die Milchbar oder Atelier Bar, das Sprüngli oder die Brasserie im HBim Kreis 3 das Café Hubertus, im Kreis 5 das Sphères, dann die Kaffeefenster, die es inzwischen überall gibt, beim Hegibachplatz das Hegifret, hier unbedingt die Pasticcini di Mandola dazu geniessen, oder das Vicafe am Bellevue und dann an einem frühen Samstagmorgen mit dem Becher auf einem einsamen Stuhl auf dem grossen Platz mit der Oper vor Augen; in Küsnacht, wenn der Weg ganz kurz sein soll, das Von Burg oder Kafi Carl beim Bahnhof und in der Nähe die Immobilienwerkstatt mit Barista Michi Blaser, in Bern das Café des Pyrénées, das alle nur Pyri nennen und Polo Hofer immer sass, aber eher mit einem Glas gleich welcher Farbe vor sich; im Sommer am See im Kusen, im Sträme oder Utoquai und, auch im Ausland in diesem Jahr, auf Mallorca, in München, Madrid, Siena, Florenz, ach Caffè in Italia, nirgends ist er besser, dann Wien, Wien!, diese grossartigen Kaffeehäuser.

60 Kaffee-Bilder - gut, zwischendurch auch einmal einen Tee, das muss sein –, und dazu ein Lied, das dazu passt: Caffè Caflisch, Pippo Pollina besingt dieses alte Café mitten in Palermo, als Student sass er tagelang dort und las Bücher und Zeitungen. Es heisst auf dem Album, das er vor 20 Jahren zusammen mit dem Bündner Liedermacher Linard Bardill ausgenommen hat:

Ein Espresso und ein Chinotto dort unten im Caffè Caflisch/Und dann, für jene, die weder Wein noch Whisky trinken, verstehst du mich?/Für sie geht auch ein Cappuccino, wenn er bei Caflisch ist/Denn hier gehen die Ideen nicht aus und die Dinge gedeihen von selbst. 

Pippo Pollina, der im Seefeld wohnt, ist auch manchmal im Totò. Und trinkt seinen Cappuccino.

60 Kaffee-Bilder und Musik von
 Pippo Pollina dazu (das Video):



Pippo Pollina mit «Caffè Caflisch»


Und ein letzter Cappuccino im 2024



 
 

Vorschau 2025


Am Sonntag, 2. März, 11 Uhr die nächste Lesung:
Nochmals in der Immobilenwerkstatt in Küsnacht,
 mit Fredy Wettstein, Friederike Hempel
 und Lukas Langenegger 
und einem neuen Programm
Anmeldungen: fredy.wettstein@gmail.com



Fredy Wettsteins Blog «Wieder im Auge» 
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