10 gegen 10

Gesehen, gelesen, gehört –
Der Katar-Blog (Nr. 17)
 

Es wäre schön gewesen, Messi gegen Neymar, im Final am nächsten Sonntag die Nummer 10 der Argentinier gegen die Nummer 10 der Brasilianer.

Und im Himmel würde Maradona zuschauen und in einem Spital in Sao Paulo der schwerkranke Pelé, der um sein Leben kämpft.

Mit Pelé, damals 1958 in Schweden, er war erst 17, begann die Geschichte mit der Nummer 10 im Fussball, obwohl Pelé gar keine klassische Nummer 10 war.

Die 10 steht im Fussball für Magie, für ein Genie; wer sie trägt, übernimmt Verantwortung, ist ein Dirigent, der Chef, die Seele seiner Mannschaft. Die Nummer ist ein Mythos, sie kann auch eine Last sein, für den, der sie trägt. Wir erwarten immer Aussergewöhnliches, etwas Spezielles, etwas, das nur er - oder auch eine sie - mit dem Ball macht und kann. Die Liste in der Geschichte ist lang und sie erweckt Erinnerungen: Eben Pelé, eben Maradona, Puskas, Rivera, Totti, Baggio, Gullit, Hagi, Zidane, oh Sisou!, Platini, Netzer, Overath, Ronaldinho, Rivaldo, Figo, Zico, Del Piero, es gäbe noch einige andere. Einige spielten wie eine 10, trugen aber andere Nummern, Di Stefano (9), Cruyff (14) oder Beckenbauer (5). Oder einer wie Matthäus hatte die 10, war aber eigentlich keiner, Eusebio trug auch die 10, war aber vor allem Stürmer, wie auch Ibrahmovic, Socrates war eine 10 mit der 8. Und dann gibt es Favre, der liess sich die 10 (bei Servette) vertraglich sichern.

Alle waren etwas anders: rebellisch, sanft oder/und auch jähzornig, wild, stilvoll, strategisch, souverän, still, laut, kreativ, erfinderisch, alle erhaben, stolz mit ihrer Nummer. Die Nummer ist eine Auszeichnung. Auf italienisch gibt es dafür den vielleicht schönsten Namen: «Fantasista».

Messi gegen Modrić - und dann Mbappé?

Und jetzt?

Erst: Messi gegen Luka Modrić, den Kroaten, schon 37, den Gentleman des Fussballs, mit der gleichen Frisur wie schon seit 20 Jahren, immer etwas mit melancholischem Blick, er scheint fast zu zart für die heutige Härte im Fussball, in Madrid sagen sie ihm «El Pony», er galoppiert wie ein Pferd über die Wiese.

Dann, am Sonntag im Final in Doha, vielleicht: Messi gegen Kylian Mbappé, den Franzosen, erst 23, mit dem Ball schneller als fast alle anderen ohne Ball, dem Jungen aus Bondy, einer Banlieue im Nordosten von Paris.
 

Torhüter mit Sohn beim Interview (Video Youtube)

Oder Messi gegen …? Es ist schon eine Sensation, dass Marokko im Halbfinal steht, und was wäre es erst, wenn die Afrikaner noch in den Final kämen? Wir sind entzückt von diesen Bildern, vom Torhüter mit den magischen Händen und dem ständigen Lächeln im Gesicht, Yassin Bounou heisst er, wie Bono, aber es hat nichts mit dem U2-Sänger zu tun, es tönt so nur einfacher. In Kanada ist er geboren, in Spanien spielt er fast immer, und jetzt schwärmt die ganze Welt von ihm, und er sagt, seine Paraden seien einfach ein bisschen Gefühl und ein bisschen Glück. Er kommt nach dem Spiel mit seinem Sohn Isaac zum Interview, und dieser leckt plötzlich das Mikrofon, als wäre es ein Glacé.

Oder eben dieses Bild, nach dem Sieg gegen Portugal im Viertelfinal, wie Sofiane Boufal auf dem Rasen mit seiner Mutter getanzt hat. Boufal wurde in Paris geboren, seine Mutter war Putzfrau und hat ihre Kinder alleine aufgezogen, jetzt tanzten sie, er im verschwitzten Dress, die Mamma im langen Mantel mit umgehängten Taschen und Kopftuch. Herzergreifend.

Sohn tanzt mit Mutter auf dem Rasen  (Video Youtube)

Aber Messi gegen die Nummer 10 bei Marokko? Anass Zaroury trägt sie, 22-jährig, in Belgien geboren, dort hat er fast immer gespielt, seit diesem Sommer beim FC Burnley in der zweithöchsten englischen Liga. Er ist belgisch-marokkanischer Doppelbürger, wurde erst wenige Tage vor der WM erstmals in das Kader der Afrikaner aufgeboten. In Katar hat er noch keine Minute gespielt.

Viele, und nicht nur in Argentinien, würden es ihm wünschen: Lionel Messi muss in den höchsten Olymp der Nummern 10. 1986 war es Maradona, 2022 soll er es sein.

Es gilt für alle, die diese Nummer tragen oder einst getragen haben: Sie wollen den Ball, der Ball will aber vor allem zu ihnen, ist in sie verliebt, will von ihnen gestreichelt und möglichst lange in ihren Füssen getragen werden.

Bei Lionel Messi ganz besonders.

Der grosse Jubel für und mit Lionel?

 Mehr zu Messi: Blog-Nr. 19, Messidona


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Kommentare

  1. Piero Schäfer12.12.22

    Du hast die Nummer 10 vom DNL Frischauf Seefeld vergessen…Saluti Piero

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  2. Piero Schäfer12.12.22

    Immer wieder erfrischend! Du hast die Nr. 10 des DLN FFrischauf Seefeld vergessen…

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