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Es werden Posts vom Juli, 2022 angezeigt.

Weite Reisen

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Ich hatte das Buch an diesem Tag gekauft und gleich mit dem Lesen begonnen. Ich sass am See auf einem Stein, es war ein Tag mit viel Wind und recht hohen Wellen, und auf der ersten Seite des Buches ist genau eine solche Stimmung beschrieben, mit einem kräftigen Wind, der Ich-Erzähler schliesst die Augen und der See hätte sich wie das Meer angehört. «Die Welt» heisst das Buch, das neue von Arno Camenisch, 44, den ich ein wenig kenne, und ich liebte die bisherigen zwölf Bücher des Bündner Autors, seine Sprache, seine Melancholie, seine Gedanken und Geschichten mit Menschen aus der Surselva und dem Dorf Tavanasa, wo er herkommt, jedes dünne Buch mit einem schlichten Umschlag und immer in einer anderen Farbe. Und jetzt ein neues, ein ganz anderes, neu im Diogenes-Verlag, und ich las die ersten Kritiken in Zeitungen, und sie waren ziemlich böse, der grosse Sprachkünstler trete als Schwafler auf, schrieb Martin Ebel im «Tages-Anzeiger». Es tat etwas weh, das

Beben mit Campino

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Beben mit Campino Die Piazza in Locarno bebte. Die Luft war heiss und feucht, abends um zehn noch 29 Grad, aber auch sonst war es heiss. Es wurde getanzt, gehüpft, gegrölt, gesungen, geraucht und getrunken, und natürlich war es in den zwei Stunden auch eines der 30 Lieder, an Tagen wie diesen, und man  wünscht sich die Unendlichkeit. Sie hätten auch um Mitternacht noch getanzt, gehüpft, gegrölt, gesungen, geraucht und getrunken. Auf der Bühne rannte und rannte und bebte Campino mit seinen Toten Hosen, 60 ist er, 40 die Band. Er weiss vom ersten Akkord an, was das Publikum erwartet, seine Gesten, seine Mimik, seine Worte zwischendurch, alles passt, tausendmal gespielt, und man kann nur staunen, über diesen Power, diese Ausdauer, diese Präsenz, diese Energie von einem, der ja bald ins Rentneralter kommt. Er schwitzte, wir schwitzten auf der Piazza Grande. Das sind die Impressionen: « Mach das Flutlicht an sie kommen gleich raus und dann kann die Show beginnen Und sie sind nicht allein de

Pessimistisch sein

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Diesen Blog-Beitrag auch hören! Das ist eine «Espresso»-Kolumne aus dem Jahr 2015. Sie handelt davon, dass es vielleicht besser ist, manchmal pessimistisch zu sein. Und der Rat ging an die GC-Fussballer, damals noch nicht in chinesischen Händen, aber schon damals ständig in turbulenten Phasen. Pierluigi Tami wurde als neuer Trainer vorgestellt, nach ihm und bis heute haben die Grasshoppers elfmal den Trainer gewechselt, sind zwischendurch gar abgestiegen. Mit Tami wurden sie aber Vierte, seither waren sie nie mehr so gut, Dabbur war in dieser Saison der beste Torschütze der Meisterschaft. Und vielleicht sollte deshalb Sky Sun, der GC-Präsident aus China, diesmal sagen: «Ich bin pessimistisch.» An diesem Sonntag beginnt auch für GC die Meisterschaft, mit dem Spiel gegen Lugano. Pessimistisch sein Luca, der Architekt, hat sich frühzeitig für den morgendlichen Espresso mit seinem Freund Bruno entschuldigt, er werde an diesem Montag alle Termine absagen, wegen nächtlicher Beanspruchung, wi

Freiheit

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Diesen Blog-Beitrag auch hören! Ein Flugzeug am Himmel, der nur blau ist. Ich schaue ihm nach. Wie früher, als kleines Kind, damals war es mit Sehnsucht verbunden, mit Neugier und Fragen: Wie ist sie, die Welt dort, wo das Flugzeug vielleicht hinfliegt, eine Welt weit weg und unbekannt, wie leben die Menschen dort, was machen sie? A ls Kind flogen wir nie, unsere Ferien im Sommer verbrachten wir immer im Tessin, und als ich zum ersten Mal in einen Flieger steigen durfte, es war auf die Kanarischen Inseln, war ich 21 oder 22. Erst viel später wurde Fliegen zum Alltag, beruflich und auch sonst, schnell irgendwohin, manchmal auch nur von Lugano zurück nach Kloten, spätabends nach einem Spiel, weil es billiger war und schneller sowieso. Und jetzt der Blick nach oben, zum Himmel, der nur blau ist, blau und keine einzige Wolke, nur die schwachen Kondensstreifen, die das Flugzeug hinterlässt, in den News melden sie, es soll bald 35 oder 40, vielleicht gar noch paar Grad heisser werden. Dieses

Ein Faber und ein Cave

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  Ein Wochenende in Montreux Bei der Statue von Freddie Mercury am Seeufer in Montreux liegen wie immer Blumen. Tausende flanieren auf der Promenade. Strassenmusikanten spielen. Julian Pollina, als Faber bekannt, sitzt auf einer Steinbank vor dem Musik & Convention Center, fast niemand erkennt ihn, er versteckt seinen Kopf in sein Handy. In einer Stunde tritt er auf, jetzt steht Dino Brandão, sein Freund, mit der Gitarre auf der Bühne, nachher auch Sophie Hunger, die er einmal, er war noch ganz jung, auf dem Lindenhof in Zürich getroffen und gefragt hatte, ob er mal vorsingen dürfe. Er durfte. Und Faber ist inzwischen selber ein Star. Julian, Sophie, sie wird bald Mutter, und Dino werden an diesem Freitagabend auch zusammen auftreten, «Derfi di hebe», ein grossartiges Lied, singen sie, sie traten damit schon in der Hamburger Elbphilharmonie auf. Zuletzt spielt Faber bis morgens fast um ein Uhr in der ehemaligen Miles Davis Hall.  Und am anderen Tag, die Sonne scheint noch stärker ü

Gestörte Idylle

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Es war ein wunderbarer Sommerabend im Park im Grünen in Münchenstein bei Basel, die Sonne verschwand langsam hinter den Bäumen, im angrenzenden Teich das Spiel des Wassers aus einer Fontäne, es war warm mit einem lauen Lüftchen, und die Menschen sassen oder standen auf der Wiese und dem kleinen Hügel, schauten zur Bühne und hörten Patent Ochsner zu. Büne Huber sagte, wie schön es sei, nach langer Zeit wieder solche Konzerte spielen zu können und wie sie es vermisst hätten. Wir alle haben es vermisst. Es war spürbar, wieviel Spass es den Bandmitgliedern machte, endlich wieder spielen zu können, vor Publikum, sie taten es leidenschaftlich, und wie immer bei den Ochsners hatte jede und jeder seinen besonderen Auftritt, mit viel Hingabe und Lust. Und sie spielten nicht nur die Lieder, die sie immer spielen (müssen), sondern auch ein paar eher seltene, und einmal sagte Huber, er wisse, dieser Song passe eigentlich nicht in eine solche Ambiance, es sei kein