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Es werden Posts vom Juni, 2022 angezeigt.

Wie bei den Grossen, fast

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Sie laufen auf das Spielfeld, miteinander, voran der Schiedsrichter. Wie die Grossen. Sie stellen sich auf. Einer winkt scheu, wohl seiner Mutter. Die einen Spieler laufen zu denen der anderen Mannschaft, sie klatschen sich ab. Wie bei den Grossen. Und dann laufen alle zurück zum Spielfeldrand, brav geben die einen Spieler den Ersatzspielern und Betreuern der anderen Mannschaft die Hand. Nicht wie bei den Grossen. Das tun die nicht. Und die beiden Trainer haben am Spielfeldrand ihre Coaching-Zone, wie all die Guardiolas und Ancelottis dieser Welt. Der eine schreit ständig, nicht immer jugendfreie Worte, der andere nur gelegentlich, etwas anständiger. Beide rufen manchmal «Schiri» und haben das Gefühl, benachteiligt zu sein. Wie die Grossen. Es ist Frühsommer, und die Grossen, die Männer, sind in den Gazetten nur zu sehen, wie sie sich, nicht alle, auf irgendwelchen Yachten vergnügen auf fernen Inseln oder sonst auf Instagram posieren. Auf einem Sender

Auf dem Floss

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Diesen Blog-Beitrag auch hören! Es war auf einem Floss, die Sonne brannte, Luft 33, Wasser 24 stand an der Anzeigetafel beim Eingang zur Badi. Ich lag auf dem Rücken, sah sie nicht, hörte sie nur reden. Es waren zwei Mädchen, 10-jährig vielleicht, vermute ich, ihrer Stimme nach: «Was machsch am Wuchenend?», fragt die eine. «Ich han es Geburrifäscht von ere Schuelkollegin, aber ich möcht aigetli lieber id Badi gaa.» Sie schweigen, dann fragt die andere: «Wer isch dini beschti Fründin?» Die eine sagt einen Namen. Und nach einer Pause: «Aber im Moment isch sie’s nümme.» «Warum?» «Sie tuet blöd, si isch e chli gemein zu mir.» «Das ghat verbi», sagt die andere. «Villicht. Sie tuet würkli blöd.» Pause, und dann: «Aber eigentli isch au en anderi mini beschti Fründin.» «Wie heisst sie?» Sie nennt einen anderen Namen. Sagt dann: «Ich chenn sie am längschte.» «Sit wänn?» «Sit minere Geburt. Ihri Mueter isch mini Gotte.» «Aha.» Sie schweigen eine zeitlang, das Floss schaukelt im leichten Wind, d

Warum? Pippo, die Stones, der Boss, andere

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Diesen Blog-Beitrag auch hören! Es gibt keinen besseren Ort für sein Konzert, als in diesem prunkvollen Haus, es ist für ihn ein Konzert aus tiefem Herzen. Die Schlussszene von Francis Ford Coppolas Film «Der Pate III» wurde hier einst gedreht, und es steht für den Kampf gegen die Mafia, für die politische und kulturelle Wiederauferstehung der Stadt. Wegen mafiöser Baupolitik war es für 20 Jahre geschlossen. Nur dank dem Bürgermeister Leoluca Orlando fand es wieder seinen alten Glanz. Das Teatro Massimo ist eines der schönsten Opernhäusern Europas, in Palermo, dieser Stadt, die sich so verändert hat in den vergangenen Jahren. Sie ist jetzt eine Stadt der Lebensfreude und der Lebenslust, der Farbe, des Lichts, des Duftes des Meeres, der Gaukler, der Strassenmusiker, der Künstler und der Handwerker, des Flanierens, der Natürlichkeit und der vielen Hochzeiten, fast ständig in jeder Kirche. Es ist die Stadt des Lebens auf den Gassen und den Strassen und in der die Nacht kein Ende zu nehmen

Blatter wie Hopper

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An diesem Mittwoch begann in Bellinzona vor dem Bundesstrafgericht der Prozess gegen Joseph Blatter, 86, und Michel Platini, 66, den einstigen Fifa-Präsidenten und den früheren Fussball-Strategen. Die beiden, einst Freunde, heute spinnefeind, müssen sich verteidigen gegen Anschuldigungen der Bundesanwaltschaft wie Betrug und Urkundenfälschung. Die Urteilsverkündigung ist für den 8. Juli vorgesehen. Im September 2015 war gegen Blatter von der Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren eröffnet worden, ihm wird eine «treuwidrige Zahlung» an Platini vorgeworfen, er musste von der grossen Fussballbühne abtreten. Von Blatters letzten Tagen in seinem feudalen Fifa-Büro auf dem Zürichberg handelt diese Kolumne damals im Oktober 2015. Blatter wie Hopper Bruno, der Werber, legt an diesem Montag, als er sich wieder mit Luca, dem Architekten, zum frühmorgendlich Espresso im Seefelder Bistro trifft, ein Bild auf den kleinen Tisch am Fenster, ausgeschnitten aus einer Zeitung. Luca soll es sich genau ans

Der Kauz hackt Holz

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!     Hackt er in seinem Garten in München schon Holz? Zwischendurch mit einem Medizinball unter dem Arm? Und wenn er mal Pause macht? Rührt er minutenlang in seiner Tasse mit Pfefferminztee? Oder spielt er Schach? Um nachher weiter Holz zu hacken? Und vielleicht hat er neben der Holzbeige gar eine Kletterwand aufgestellt. Holzhacken. Medizinball. Tee. Schach. Kletterwand. Ich schreibe über einen Trainer. Er war einmal ein sehr erfolgreicher Trainer, gewann viele Titel, zuvor schon als Spieler, aber eigentlich hatte er abgeschlossen mit dem grossen Fussball, zuletzt war er vor einigen Jahren noch in China. Und wurde jetzt in der Not nochmals gerufen, in fast aussichtsloser Lage war der Klub, aber er gilt als Retter, er ist noch nie mit einer Mannschaft abgestiegen. Das mit dem Holzhacken, das hat er nun gesagt, als er seine letzte (?) Mission erfüllt hatte und sein Klub sich retten konnte, im letzten Spiel. Er sagte, angesprochen auf seine Zukunft, er wird

Abschied und Wehmut

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Es gibt auch jetzt Bilder, viele Bilder von Roger Federer irgendwo im Netz, Federer zusammen mit anderen, nur nicht Federer als Tennisspieler. Mit Murat Yakin und den Schweizer Fussballern und einem neuen Leibchen, das diese bei der WM in Katar tragen werden; mit dem Gourmetkoch Andreas Caminada; oder wie er in einem Schweiz-Tourismus-Film gemeinsam mit Oscar-Gewinnerin Anne Hathaway für die schöne Schweiz wirbt; Federer bei einem Formel-1-GP; Federer wandernd; Federer mit Familie in Venedig und Federer mit Hund Willow, der jetzt auch zur Familie gehört. Willow gehört jetzt auch zur Familie Federer. Nur nicht Federer in Paris, das French Open ist weit weg für ihn. Aber Federer kommt mir in den Sinn in dieser Nacht. Auch weil ich, als Ablenkung zwischendurch, über ihn lese, online die aktuelle Ausgabe der «Süddeutschen Zeitung», schon der Titel ist handwerkliche Poesie: «Holzer mit Herz und Hirn».  Oliver Meiler schreibt einfühlsam, wie seine Texte sin