Abschied nehmen

Emotionen am Grab: Küsnacht, 21. August 2020.

Unser Vater starb am 10. April, es war der Karsamstag. Er durfte ruhig einschlafen, er war 94, er mochte nicht mehr. Seither konnten wir aber nie mit einer Feier von ihm Abschied nehmen, es war wie so vieles nicht möglich in diesen Zeiten. 

Diesen Freitag durften wir, es war ein wunderbarer Tag, einer der schönsten in diesem Sommer. Zuerst standen wir an seinem Grab, sein Name war schon eingraviert auf dem schönen Stein, er steht jetzt neben dem Namen unserer Schwester, die vor zwei Jahren gestorben ist. Jetzt dürfen sie hier zusammen liegen.

Am Grab war es sehr emotional, die Asche unseres Papi liegt in dieser kleinen Grube, eine Rose schon drin, später ist sie voller Rosen, und auch wenn wir dabei sein durften, als er damals im Heim einschlafen konnte, mehr als vier Monate ist es her, kommt das Gefühl auf: Jetzt müssen wir uns endgültig von ihm verabschieden. Er lässt uns zurück.

Abschied nehmen auf ganz unterschiedliche Art,
 besinnlich und traurig, feiernd und trinkend

Wir waren dann in der Kirche, ein Pianist spielte, eine Freundin von uns sang, es sind die Lieder, die er sich gewünscht hatte, der Pfarrer fand wunderbare Worte, erzählte aus dem Leben unseres Vaters, der in einem grossen Ordner alles aufgeschrieben hatte, wir Kinder sprachen über ihn und erinnerten uns, es war schön und bewegend und tat gut. Und er war vor allem wichtig, für alle, dieser Tag, der so lange nicht möglich war.

Und später gingen wir noch mit einem kleinen Boot 
auf den See, seinen See, sein Wasser, sein Ort der Stille, wo er früher auch so oft war. Wir fuhren hinaus und blieben dort und tranken und feierten und fühlten uns fast nochmals wie Kinder, hatten es lustig, waren fast etwas übermütig, sprangen zusammen ins Wasser, lachten viel und hörten Musik, und schauten zwischendurch in den Himmel, prosteten ihm zu und waren sicher, er schaut uns von oben zu, und er hat auch Freude. Es ist sein Ort, er hat in seinem blauen Lebensordner immer wieder darüber geschrieben, wie er im Boot draussen war, auf dem Wasser, den Wellen und den Wolken zugeschaut hat. Jetzt ist es einfach nur blau.

Und spät am Abend, es war dunkel und immer noch schwül warm, fast tropisch, spürten wir alle, wie wichtig es ist, Abschied nehmen zu können, auf ganz unterschiedliche Art, besinnlich und traurig und mit Tränen, feiernd und trinkend und fröhlich. Einfach mit Gefühlen.

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