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Es werden Posts vom August, 2020 angezeigt.

Lionel ohne Messi

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Und jetzt? Was machen die Millionen kleinen Lionels auf der Welt? Lionel heisst der Kleine, er ist D-Junior, und natürlich schwärmt er für Messi, den Grossen, und er trägt, wenn er mit seiner Mannschaft trainiert oder den Kollegen auf der Wiese spielt, das Leibchen mit der Nummer 10 hinten und «Messi» drauf, und er fiebert mit Barcelona, und einmal war er gar im Camp Nou, und er redet noch heute von diesem Abend im Stadion, Barcelona wurde gar Meister in diesem Spiel, es bleibt eine unvergessliche Nacht. Messi und Barcelona sind alles für ihn. Etwas anderes gibt es gar nicht. Nur Messi. Und Barcelona. Die Wände in seinem Zimmer sind voll mit Fotos. Und jetzt? Messi weg von Barcelona. Messi verkracht mit Barcelona. Messi wohl nach England, zu den Scheichs von Manchester City? «Es ist einfacher, sich Messi daheim auf dem Sofa vorzustellen als in einem anderen Trikot als dem des FC Barcelona», sagt Jorge Valdano, einst Spieler, heute Fussball-Philosoph. 20 seiner 33 Lebensjahre hat Messi

Viereckiger Ball

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Paul Wolfisberg, der rauchende Nationalcoach auf der Bank: Bratislava, März 1981. Er war der «Wolf», seine Spieler waren die «Wölfe», von ihm und seinem Rudel wurde geschrieben, die Abwehr hiess die «Abbruch GmbH». Paul Wolfisberg, einst Spieler, dann Trainer, Schweizer Nationalcoach und daneben immer auch Inhaber eines Architekturbüros im luzernischen Horw, war ein Mann des Volkes. Mit seinem buschigen Bart und seinem kantigen Gesicht sah er aus wie eine Mischung aus Bud Spencer und Wilhelm Tell, wie einer einmal schrieb, er war beliebt, manchmal burschikos, charismatisch jedenfalls, während Jahren einer der populärsten Schweizer. Er sagte über sich, er sei ein eher väterlicher Typ. Und Paul Wolfisberg war ein Medienthema, das lässt sich am besten nachzeichnen an den Ereignissen in diesen Wochen im Herbst 1984. Es war ein Mittwochabend in Oslo, das erste Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft in Mexiko. Die Schweizer, zuvor während Monaten sieglos, gewann

Der stille Hansi

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Hansi Flick und sein dritter Pokal: Lissabon, 23. August 2020. 1985 war es, Uli Hoeness noch der junge Manager bei Bayern München, als er jemand losschickte, um einen 20-jährigen Fussballer zu beobachten, der in der 3. Liga bei Sandhausen spielte. Er hatte einen Tipp bekommen. Am andern Tag sass dieser junge Fussballer mit Hoeness in einem noblen Restaurant in München und unterschrieb einen Vertrag. Hansi Flick, er hiess eigentlich Hans-Dieter, aber alle sagen Hansi, und auch heute noch korrigiert er alle, die ihm Hans-Dieter sagen wollen, blieb dann fünf Jahre in München, er war ein Kämpfer und Arbeiter im Mittelfeld, immer im Dienste der Mannschaft. Flick und Hoeness mochten sich, aber Hoeness mag eigentlich alle, die für seinen FC Bayern spielen oder spielten. Im Mai 2018, es war eher zufällig, trafen sich die beiden wieder einmal, bei einem Spiel auf dem Lande, Bayern trat mit einer Mannschaft mit bekanntem Namen von früher an. «Ich stand hinter dem Grill», erinnert sich Hoeness, n

Abschied nehmen

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Emotionen am Grab: Küsnacht, 21. August 2020. Unser Vater starb am 10. April, es war der Karsamstag. Er durfte ruhig einschlafen, er war 94, er mochte nicht mehr. Seither konnten wir aber nie mit einer Feier von ihm Abschied nehmen, es war wie so vieles nicht möglich in diesen Zeiten.  Diesen Freitag durften wir, es war ein wunderbarer Tag, einer der schönsten in diesem Sommer. Zuerst standen wir an seinem Grab, sein Name war schon eingraviert auf dem schönen Stein, er steht jetzt neben dem Namen unserer Schwester, die vor zwei Jahren gestorben ist. Jetzt dürfen sie hier zusammen liegen. Am Grab war es sehr emotional, die Asche unseres Papi liegt in dieser kleinen Grube, eine Rose schon drin, später ist sie voller Rosen, und auch wenn wir dabei sein durften, als er damals im Heim einschlafen konnte, mehr als vier Monate ist es her, kommt das Gefühl auf: Jetzt müssen wir uns endgültig von ihm verabschieden. Er lässt uns zurück. Abschied nehmen auf ganz unterschiedliche Art,  besinnlich

Herzlos

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Abschied von Guillaume Hoarau auf Facebook: 18. August 2020. Es ist vernünftig. Es ist logisch. Es ist folgerichtig. Es ist plausibel. Es ist bedacht. Es ist berechnend. Es ist begründet. Es ist schlüssig. Es ist triftig. Es ist planmässig. Es ist konsequent. Es ist stringent. Es ist einleuchtend. Es ist ... Nein: Es ist einfach nur traurig. Nur das. Er ist 36. Er ist immer wieder verletzt. Er war teuer. Stimmt alles. Es gab viele Gründe. Aber: Guillaume Hoarau wird fehlen. Es ist herzlos von YB. «Ne me quitte pas», so schien Hoarau in den letzten Wochen immer wieder zu schreien, auf die leise Art, wie es auch seine Art sein kann, er schrieb einmal: «I boue mir mini Tröim uuf rund um di», es tönte wie eine Bitte an YB. Sie blieb unerhört. Brel sagte einmal, «Ne me quitte pas», sei kein Liebeslied, sondern eine Hymne an die Feigheit des Menschen. Es ist nicht feige von YB. Aber es endet eine Liebesgeschichte. Nicht nur zwischen einem Fussballer und einem Klub. Vielleicht gibt es einen l

Fado mit Messi

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Lionel Messi, traurig-einsam: Lissabon, 14. Oktober 2020. Ich wollte Fussball sehen. FCB-FCB, München gegen Barcelona, ich freute mich. Ich sah Tore, zehn, etwas gar einseitig verteilt, mit den einen oder anderen (und vor allem dem Einen) hatte ich Mitleid. Ich sah das Bild am Schluss, wie er auf die Knie gebeugt sein Gesicht am liebsten unter dem Rasen vergraben hätte, seine Augen wohl wässrig, und ich dachte an meinen Enkel, der auch Lionel heisst und jetzt in seinem Messi-Leibchen wohl weinte, wenn er nicht längst schon im Bett lag und doch nicht schlafen konnte. Aber mich machte etwas anderes wütend. Dieser künstliche Lärm von Fans, die nicht im Stadion sein dürfen, der aber irgendwo in einem Studio zusammengemischt wird. Um Stimmung zu erzeugen, die es nicht gibt, um etwas vorzutäuschen in diesen Fake-Zeiten. Das ist Schwachsinn. Es nervt. Gewaltig. Steht doch dazu, liebe Kollegen vom Teleclub, wie es momentan in den Stadien ist und sein muss. Still und fanlos. Und ich will wenigs

Heisse Musik

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Bruce Springsteen im Letzigrund: Zürich, 31.7.2016. Es war einer dieser heissen Tage in diesem August, auf dem Wasser mit einem kleinen Boot, draussen und mitten auf dem See, die Sonne brannte, der Himmel nur blau. Ich hörte Musik, sehr laut, niemand konnte gestört werden, hier draussen weit weg vom Ufer, es war eine Playlist, irgendwann zusammengestellt, für ein Fest, nur Musik, die ich auch bei einem Konzert in vielen Jahren erlebt hatte. Die Stones. Springsteen. Stiller Has, Patent Ochsner. Birkin. Eicher. Grönemeyer. Züri West. Dylan. Tote Hosen. Pollina. Cohen. Faber. Hoarau (ja, er, der Fussballer). Venditti. Dion. Mey (Reinhard). Sting. Fankhauser. De Gregori. Lo & Leduc. Clapton. Conte (Paolo und Giorgio). Fendrich. Halunke. Melua. Smith (Patty). Sina. Southside Johnny. Hunger. Gainsbourg (nicht Serge, Charlotte). Wecker. Hofer (Polo). Aznavour. Känzig. Dalla. Bardill. Jürgens. Kaas. Steiner & Madlaina. N’Dour. Wegmann (junger Küsnachter). Langenegger (Lukas), Carshey (

Gitter statt Glitzer

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YB, zum dritten Mal Meister: Sion, 31. Juli 2020. Es ist wie bei einem Geburtstagsfest, und es ist ein ganz besonderer Tag, eine besondere Zahl. Man hatte alle eingeladen, die man kennt, es ist eine riesige Party, man tanzt, man lacht, man gratuliert und umarmt sich und kommt sich nahe, es ist eine Nacht ohne Ende, ein rauschendes Fest, und alle sind glücklich, und noch Jahre später werden alle davon erzählen, die dabei waren. Und davon schwärmen, und jeder und jede hat sein eigenes Erlebnis aus dieser schönen Sternennacht. Es war unvergesslich, vielleicht wird es nie mehr ein solches Fest geben. Es ist wie ein Geburtstagsfest in einem kleineren Rahmen, man sitzt zusammen auf dem Sofa und stösst an und feiert ein wenig, man hat es lustig und ist vergnügt, aber es ist eben doch kein besonderer Tag, nicht mehr so, wie es im Jahr zuvor war, bei diesem aussergewöhnlichen Fest damals. Es ist wie ein Geburtstagsfest, aber es ist etwas kompliziert, etwas planlos, man wusste nicht genau, soll

Der Ewige geht

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Marco Wölfli und sein Lächeln beim Abschied: Bern, 3. August 2020. Achtung, das ist Kitsch. Fussball-Kitsch. Gelb-schwarz gefärbt. Einer, der ewig da war, geht. Spielte ein letztes Mal, zumindest in einer Meisterschaft, zog nochmals seine Handschuhe an, lächelte wie er stets freundlich lächelte, auch wenn es für ihn wenig zum Lachen gab. Sein Lächeln war irgendwie immer auch ein Schmunzeln.  «Es isch guet, dä richtig Moment», sagt Marco Wölfli, die Nummer 1, die zwar in den letzten sechs Jahren meistens die Nummer 2 sein musste und dies ohne Murren tat. 38 ist er bald, und erst 17 war er, YB zweitklassig, Nationalliga B hiess das damals, als er im Oktober 1999 erstmals im Tor stand. Er erlebte den Abschied vom alten Wankdorf, spielte vorübergehend im Neufeld, dann im neuen Wankdorf, das bis vor kurzem Stade de Suisse heissen musste. Er prägte eine lange Geschichte. Wölfli geht, und alle wissen, dass der Ewige ewig im Kopf bleiben wird. Als Berner Legende. Als einer, der für YB steht im