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Es werden Posts vom November, 2021 angezeigt.

Stammtisch und Stürm

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!     Es ist wie eine «Tagesschau» an einem Morgen im Bistro im Seefeld, an einem kleinen Tisch, Espressi werden serviert. Zuerst zum Wetter: «Ein so schöner Tag, es schneit», sagt der, der eben eingetreten ist, zwei seiner Kollegen, über 60 alle, sitzen schon etwas länger da. Schön sei es, sagen die zwei, alles sei schön, und sie reden jetzt über den Sonntag. 62 Prozent, das sei ein deutliches Signal, zum Glück, und dann reden sie, ohne Übergang, vom FCZ und auch der habe endlich das Glück, das ihm gefehlt habe und wer wisse, wohin das noch führen könne; dann fragt einer, ob sie es auch gesehen hätten, wahnsinnig sei es gewesen, und er redet von Adele und ihrem Konzert in Los Angeles, das am Fernsehen zu sehen war, und dann über Tempo 30, das sei schon gut, aber überall könnten sie es in Zürich doch nicht einführen, alle nicken. Und dann fragt der, der zuletzt gekommen war, ob sie es auch gehört hätten, dieser neue Virus aus Südafrika, und wieder nicken s

Losstürmen

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Weil draussen der erste Schnee fällt, wenigstens halb Schnee, halb Regen, aber kalt ist es, und die Leute, die aufs Tram warten, sind verhüllt und das nicht nur mit Masken, aber doch scheinen alle irgendwie hektisch und gehetzt, und in den Zeitungen, die im Bistro auf dem Tisch liegen und in den Mails auf dem Handy, hat es diese Hinweise zum Schwarzen Freitag mit den verlockenden Angeboten.  Und dann, plötzlich, rennt vor dem Fenster des Lokals einer vorbei in kurzen Hosen und in einem grellen Dress, er rennt durchs Seefeld, eine Mütze auf dem Kopf, auch grell, schwarze Handschuhe, für ein Foto hat es leider nicht gereicht, er war zu schnell – doch eine alte Kolumne kommt mir in den Sinn, vor vielen Jahren geschrieben, auch an einem Tag wie diesen, am Ende des Jahres war es. «Espresso» hiess die Kolumne damals. Der Titel war so: Sturmlauf in den Besenwagen Bruno hat kürzlich mit Arno Camenisch gemailt. Er kennt den Bündner Schriftsteller, seit er einig

Fondue mit Gianni

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Es ist dunkel, auch morgens um elf noch, mehr weiss als grau, es schneit und ist bitterkalt, minus sieben Grad, am Radio wird gewarnt, nicht dringende Autofahrten seien zu unterlassen, sämtliche Alpenpässe sind vorübergehend geschlossen, und auf dem Handy gibt es ständig Push-Nachrichten zum Wetterchaos. Viele Trams und Busse in der Stadt Zürich fallen aus. Das Tief «Gianni» zieht seit der Nacht über die Schweiz hinweg, und Thomas Bucheli, unser Wetterfrosch, muss erklären, dass das Tief nur zufällig «Gianni» heisst, er lacht dabei, eigentlich sollten die Tiefs in diesem Jahr weibliche Namen tragen. Gianni Infantino, der Fifa-Präsident, sitzt im Al-Bayt-Stadion in Al Khor, einer Stadt an der Ostküste Katars, 50 Kilometer von der Hauptstadt Doha entfernt. Infantino strahlt und lacht in die Kameras, sein Gesicht ist ziemlich sonnengerötet, neben ihm sitzt Scheich Tamim Bin Hamad al-Thani, der 42-jährige Herrscher des Emirats am Persischen Golf, auch er w

Wer ist (jetzt) Murat Yakin?

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(Dieser Blog erschien am 10. August. Aus aktuellem Anlass nochmals, leicht ergänzt) «Ich bin weder Türke noch ein Schweizer, irgendetwas dazwischen.» (Yakin, 1993). «Mein grosses Ziel: Der FC Barcelona.» (Yakin, 1995). «Wenn die Schweizer Nationalhymne abgespielt wird, ist das ein besonderer Moment. Der Schweiss bricht aus, und es läuft mir kalt über den Rücken.» (Yakin, 2 Länderspiele hatte er damals, 1995). «Der ist zu dick und zu langsam» (Friedel Rausch, Basel-Trainer, nachdem Yakin im Probetraining war, 1992). «Istanbul reizt mich». (Yakin 1998). «Ich kam mit dem Leben in Istanbul einfach nicht klar, ein Moloch, der an den Nerven zerrt und die Sinne verwirrt.» (Yakin, nachdem er seinen Vertrag mit Fenerbahce gebrochen hatte, 1999). «Ich warte auf einen Spieler, der ist, wie ich es war. Der kommt nicht mehr.» (Yakin, 2009). Er ist ein Zocker «Ich sehe Murat weniger als Trainer, eher als Berater eines Klubs, als Technischer Direktor oder auch als Spieleragenten.» (Christian Gross, i

Yakin an der römischen Bar

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Rom, die ewige Stadt. Die Stadt von so vielem. Auch von Fussball-Erinnerungen. Damals 1977, es war der erste Final der Champions League, die noch schlicht Meistercup hiess und auch nur ein Wettbewerb der Meister war, den ich live in einem Stadion erlebte. Liverpool gegen Borussia Mönchengladbach, 3:1 gewannen die Engländer. 1982, eine schwüle Sommernacht Ende Oktober, die italienischen Fussballer, eben Weltmeister geworden, mit Audienz beim Papst, gefeiert und in Feierlaune und nicht ganz bei der Sache und der Ball in diesem Spiel nicht so wichtig - erstmals und bisher das einzige Mal gewannen die Schweizer auf italienischem Boden. Tor Elsener, Pass Sulser, 1:0, wir sassen damals nach Mitternacht noch auf der Piazza Navona und genossen die römische Nacht und dachten nicht mehr an das Spiel. 1990, die WM, der Final, und Beckenbauer, der Teamchef der Deutschen, er schlenderte wie ein Nachtwandler im Mondlicht über den Rasen des Stadio Olimpico, alleine g

Männer-Klatsch

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   . Es ist ein Morgen in einem Bistro im Zürcher Seefeld, es ist grau und düster draussen, es ist November, ein Tag wie es viele gibt im November, melancholische Nebelstimmung, es dämmert den ganzen Tag. Sie reden über die FDP, jene in Deutschland, die im Aufwind ist, und jene in der Schweiz, über die sie weniger gut reden, dabei sei es mal ihre Partei gewesen. Sie reden über unsere Stromversorgung, und dass es heikel werden könnte, und das in der Schweiz, sagt einer. Sie reden über Weihnachten, den Rummel, die Beleuchtung an der Bahnhofstrasse, sie hänge schon, die Migros mache dieses Jahr eine Werbung mit einer Drohne, die Geschenke bringt, immer verrückter sei das, und einer sagt, er sei froh, wenn es 1. Januar sei. Sie reden über «Wetten dass …?“, und es sei wie früher an diesem Samstagabend, nur, dass eben nicht mehr die ganze Familie gemeinsam vor dem Bildschirm sitze, und sie reden darüber, wie schrill Gottschalk wohl diesmal wieder gekleidet sei.

Als Zorro im Letzigrund

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Diesen Blog-Beitrag auch hören!   Vielleicht, weil der Blick auf die Tabelle der italienischen Serie A zeigt: Der SSC Napoli steht zuoberst, die Stadt träumt vom ersten Meistertitel seit 1990, seit den schönen Zeiten mit dem vergötterten Diego Maradona. Vielleicht, weil ich eigentlich am Samstag in den Letzigrund wollte, zum Klassiker zwischen dem FCZ und FCB, doch dann war es mir nach vier spätsommerlich warmen Wochen auf einer Insel zu kalt, und wenn es in Zürich kalt ist, dann ist es im Durchzug-Letzigrund immer noch etwas kälter. Aber Napoli und der FCZ. Da ist eine Erinnerung an ein Spiel und an eine Kolumne, damals im Februar 2019. Und daran, wie sich der Schriftsteller Luciano De Crescenzo, Napolis Stadtpoet, freuen würde über die Auferstehung seines Klubs. Er sass oft im Stadio San Paolo, das inzwischen Stadio Diego Armando Maradona heisst und in dem bald eine lebensgrosse Statue des Argentiniers stehen wird. Luciano De Crescenzo starb im Sommer 2019, 90-jährig. Und das war di