Das Flick-Werk

Blog vom Donnerstag, 14.4.

 


Vorerst mindestens für zwei Spiele. Dann: Mindestens bis Weihnachten. Später: Mindestens bis zum Saisonende.

So war es damals im Spätherbst 2019, als Bayern München eine Lösung nach der Trennung von Nico Kovac suchte. Hans-Dieter Flick, für alle nur Hansi, der Assistent von Kovac, der höfliche, nette und leise Mann im Hintergrund, den alle mögen, ein wichtiger Mann schon früher im deutschen Nationalteam als Assistent von Löw, dieser Hansi war nur ein mindestens-Trainer, weil sich alle fragten: Kann er das tatsächlich, erstmals Cheftrainer sein, und dies bei Bayern München, in diesem komplizierten Verein mit den vielen Einflüssen und Stimmen und dem hektischen öffentlichen Umfeld?

Nur vorläufig durfte er es damals sein, auf Zusehen hin, erstmals nur für zwei Spiele. Er schien ein Platzhaltertrainer. Chef sollten andere werden, einer mit einem grossen Namen, Wenger, Pochettino, Rangnick, Tuchel, sogar von Guardiola sprach man in München wieder.

Was dann passierte, ist bekannt: Hansi Flick wurde, mitten in der Pandemie, ein Titel-Hamster-Trainer, der mit den Bayern fast nie verlor, alles gewann, was er gewinnen konnte, sechs Titel in 14 Monaten, und alle redeten in höchsten Tönen von ihm, seiner menschlichen, ruhigen und unaufgeregten Art, einer wie Jupp Heynckes oder Ottmar Hitzfeld sei er, geliebt und geschätzt von allen, vor allem von den Spielern.

6 Titel in 14 Monaten: Der schwebende Hansi Flick

Heute heisst es nun aber: Will ER noch? An diesem Dienstagabend in Paris sagte er vor dem Spiel gegen PSG wieder mal, ihn interessiere nur die Gegenwart, das Hier und Jetzt. «Nächste Frage» ist seine Antwort, wenn er sagen soll, ob er auch nächste Saison Trainer in München bleiben wird.

Es ist, wie oft bei den Bayern, ein Theater, mit vielen, die eine Rolle spielen.

«Er macht seinen Job. Ich mache meinen Job», sagt
 Hansi Flick über Hasan Salihamidzic

Hansi Flick, der Trainer, und Hasan Salihamidzic, der Sportvorstand, harmonieren nicht, wie sie es sollten, es geht um Kompetenzen und Mitspracherecht, und ihre Diskussionen werden teilweise öffentlich ausgetragen, mit Bemerkungen, auch Sätzen, die sie nicht sagen oder nur andeuten, manchmal sind es nur Gesten. «Er macht seinen Job. Ich mache meinen Job», sagte Flick in Paris, vor dem Spiel. Und später, nach dem Spiel, das die Bayern zwar gewonnen haben, aber trotzdem aus der Champions League ausgeschieden sind: «Man macht sich ja immer Gedanken, was passiert, und wie es weitergeht. Erstmals, und gar ungefragt, nahm er aber in seinem langen Monolog bei Sky auch das Wort DFB, Deutscher Fussballbund, in den Mund.

Es geht aber auch darum, wer im Verein welchen Einfluss hat – immer noch hat (Hoeness), noch hat (Rummenigge), auch hat (Hainer, der Nachfolger Hoeness im Aufsichtsrat), bald haben sollte (Kahn).

Hansi Flick gilt als Mann von Karl-Heinz Rummenigge.

Hasan Salihamidzic gilt als Mann von Uli Hoeness.


Wieder einmal der «FC Hollywood»: Schlagzeilen auch im Tages-Anzeiger und in der NZZ

Doch was heisst das? Als die Bayern 2017 wieder einen Sportdirektor suchten, schlug Rummenigge als Erster Salihamidzic vor.

Und Hoeness war es, der Flick zu den Bayern holte, gleich zweimal. Erstmals 1985, Flick erst 20, spielte bei Sandhausen in der Regionalliga, und Hoeness, damals Manager, war auf ihn aufmerksam geworden. Flick blieb als Spieler fünf Jahre bei den Bayern. Und dann gab es 2018 dieses Treffen in einem kleinen Dorf in Baden-Württemberg. Bayern war zu einem Benefiz-Spiel angereist, mit Stars von früher, Flick war auch da, er wohnte in der Nähe, und Hoeness kam als Überraschungsgast, er stand mit roter Schürze am Grill und grillierte Hoeness-Würste.

Hoeness und Flick haben an diesem Abend lange miteinander geredet und sich gut verstanden. Bald einmal machte Hoeness ihm ein Angebot für einen Job im Nachwuchszentrum, und im Mai 2019 bekam Flick wieder eine Anfrage aus München. Diesmal als Assistent von Kovac, diesmal sagte er zu.

Flick und Salihamidzic zusammen, das geht kaum mehr.
 Einer muss gehen.

Hoeness ist aber auch der, der Salihamidzic beförderte, er machte ihn, als seine letzte Amtshandlung vor seinem Abschied in offiziellen Funktionen bei den Bayern, vom Sportdirektor zum Sportvorstand, und noch am Tag vor diesem Beschluss hatte sich Hoeness live in eine TV-Diskussionssendung zuschalten lassen und dort der Runde mitgeteilt, es sei «unverschämt», wie über Salihamidzic geredet werde. Um später auch das loszuwerden: «Immer wenn ich Unsachliches höre und sehe, werde ich den Verein wie eine Glucke bewachen.»

Welchen Einfluss nimmt nun Uli Hoeness in der aktuellen Debatte? Es wird und muss eine Entscheidung geben. Flick und Salihamidzic zusammen, das geht kaum mehr. Einer muss gehen. Und weil einer von den beiden gerne gehen will, wird es Flick sein. Den Job als Bundestrainer und Nachfolger von Löw im Sommer reizt ihn. In dieser Position könnte er selber bestimmen, wie er seine Mannschaft zusammenstellt, ohne Einfluss von jemand anderem, keiner würde ihm dreinreden, nur er alleine entscheiden.

Der höfliche, nette und leise Flick kann auch sehr konsequent sein, er weiss immer genau, was er will, er sagt seine Meinung, ist selbstbewusst. Und manchmal bekommt man das Gefühl: Er provoziert mit seinem Verhalten gar seinen Abgang, trotz Vertrag bis 2023 mit den Bayern. Er mag einfach nicht mehr in dieser Konstellation.

Provoziert Flick gar seinen Abgang?

Im September wäre für ihn das erste Spiel als deutscher Bundestrainer, in der WM-Ausscheidung gegen Liechtenstein, es findet wohl in St. Gallen statt. Uli Hoeness würde dann seinen Einstand aber nicht im TV-Studio live begutachten. Der Sender RTL hätte ihn zwar auch im Herbst wieder gerne als Experten gehabt, bot dafür viel Geld (das Hoeness wie immer bei solchen Auftritten seinen Stiftungen überweist). Er lehnte ab. Es war ihm, bei seinen Auftritten in diesem Frühling, nicht richtig wohl gewesen, er musste im Studio diplomatisch sein, eine Kopie von Hoeness, und einmal, als er es nicht war, weil er zuviel wusste, gab es nachher grosse Kritik. Auch Flick hatte es nicht gefallen, dass Hoeness, der Bayern-Ehrenpräsident, sagte, der Bayern-Verteidiger Boateng habe keinen Platz mehr im deutschen WM-Kader.

Statt Uli wird dann Beni über Hansi reden: Beni Thurnheer kommentiert dieses Spiel live für den «Landeskanal», die Informationsplattform der liechtensteinischen Regierung.
 


PS: Am Samstagabend, nach dem Spiel in Wolfsburg, gab Hansi Flick in einem TV-Interview bekannt, dass er die Bayern Ende Saison trotz Vertrag verlassen möchte. Mit nicht nur sechs, sondern wohl sieben Titel in 17 Monaten. «Der FC Bayern missbilligt die einseitige Kommunikation», schreibt der Klub als Antwort.
 

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