Xhaka küsst Shaqiri
Gesehen, gelesen, gehört – Der Katar-Blog (Nr. 1)
Alles, was ich über Katar weiss, habe ich gelesen und am TV gesehen, wie kürzlich in der ZDF-Dokumentation «Geheimsache Katar». Ein offizieller Botschafter der Weltmeisterschaft sagte vor der Kamera, er war früher ein Fussballer, schwul zu sein sei haram, nach islamischen Glauben verboten, ja, es sei sogar ein «Schaden im Geiste».
Eine «WM der Schande» ist eine andere Doku in einem Fernsehsender, beim Schweizer Fernsehen heisst es «Fifa – das Monster», bei der ARD ist es eine «WM der Lüge», der «Spiegel» titelt «Die unheimliche Geldmacht», und das Fussballmagazin «11 Freunde» hat ein schwarzes Titelblatt und schreibt: «The Dark Side of Football» – über Katar, dieses kleine Land am Persischen Golf, wird fast nur negativ und anklagend berichtet. Die WM sei ein Sündenfall und ein Beispiel, wie der Fussball gekauft wurde, der Fussball sich aber auch hat kaufen lassen.
Ganz viele schauen in diesen Wochen hin, weil in Katar ab diesem Sonntag das Spiel gespielt wird, das in der ganzen Welt fasziniert. Das Spiel mit dem Fuss und dem Ball. 64 Spiele, der Final am vierten Adventsonntag kurz vor dem Christbaum, die erste Weltmeisterschaft in einem arabischen Land, in der Wüste, die erste im europäischen Winter - aber in anderen Erdteilen auch die erste WM im Sommer, das wird meistens nicht erwähnt. Wir haben in vielem eine europäische Sicht.
Hinschauen, auf den Rasen in den unterkühlten Stadien, aber sonst wegschauen und verdrängen, wo dieses Spiel gespielt wird, an einem Ort, in der Menschenrechte verletzt, Arbeiter ausgebeutet, Frauenrechte missachtet, Meinungsfreiheit verweigert und Schwule und Lesben verfolgt werden?
Hinschauen, auf den Rasen in den unterkühlten Stadien, aber sonst wegschauen und verdrängen, wo dieses Spiel gespielt wird, an einem Ort, in der Menschenrechte verletzt, Arbeiter ausgebeutet, Frauenrechte missachtet, Meinungsfreiheit verweigert und Schwule und Lesben verfolgt werden?
Es gibt viele, so sagen sie es wenigstens, die diese WM boykottieren wollen. Sie haben gute Gründe.
Ich will in diesem Blog immer wieder etwas schreiben über Katar, eine kleine Notiz, etwas, das ich gesehen oder gelesen oder gehört habe.
Es mag naiv sein zu glauben, dass sportliche Grossevents viel oder überhaupt etwas bewirken können, Sotschi und Peking, die olympischen Spiele, Russland, die Fussball-WM 2018, zeigten es zuletzt wieder. Wird Katar nach dem 18. Dezember von der Welt weiterhin beobachtet werden? Oder geht es dann wieder nur um Gas, das wir dringend von den Arabern brauchen? Um Geschäfte, die wir machen wollen?
Und doch: Wie schön wärs, wenn Granit Xhaka nach einem Tor zu Xherdan Shaqiri rennen und ihn vor den Augen eines Milliarden-Publikums küssen würde, anstatt wie damals den Doppeladler zu machen? Innig und demonstrativ. Und sie dann Kusshändchen zur Ehrenloge schicken würden, wo der Emir von Katar sitzt, neben Fifa-Präsident Infantino.
Katar, eine Schande – oder vielleicht doch eine Chance?
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