Abschied
Blog-Nr. 360
Es windet, zwischendurch fast stürmisch, grau sind die Wolken, die Wellen reisen aus dem dunklen Irgendwo des weiten Meeres heran und preschen gegen das sandige Ufer, Welle auf Welle, sie türmen sich auf, überschlagen sich, es zischt und rauscht, eine Wellen-Symphonie, und der junge Mann mit der gelben Weste hat auf seinem hölzernen Hochsitz die rote Flagge gehisst, niemand darf ins Wasser.
Es besteht allerdings auch nicht die Gefahr, dass sich jemand ins Wasser stürzt, denn niemand ist am frühen Vormittag da, am kilometerlangen Strand Es Trenc. Die Liegestühle bleiben zugeklappt, nur ich bin nochmals gekommen, um Abschied zu nehmen. Und wie es ist, beim Abschiednehmen, man will gar nicht, man will, dass es bleibt. Ewig. Manchmal.
Es besteht allerdings auch nicht die Gefahr, dass sich jemand ins Wasser stürzt, denn niemand ist am frühen Vormittag da, am kilometerlangen Strand Es Trenc. Die Liegestühle bleiben zugeklappt, nur ich bin nochmals gekommen, um Abschied zu nehmen. Und wie es ist, beim Abschiednehmen, man will gar nicht, man will, dass es bleibt. Ewig. Manchmal.
Partir c’est mourir un peu – sterben grad nicht, noch nicht, aber leiden, dass es vorbei scheint mit der Poesie des Sommers. In solchen Momenten hat man das Gefühl, für immer etwas zu verlieren.
Es war in diesen Wochen nochmals Sommer, wo es anderswo längst Herbst ist oder an einigen Orten gar winterlich; aber hier nicht, auf der Insel, meiner Insel, sie ist so etwas wie Heimat, besonders jetzt, wo es zurückgeht in die andere Heimat, aber Heimat ist dort, wo man sich wohlfühlt, auch wenn es etwas leichter fällt zu gehen, wenn es grau ist und windig und leicht kühler als gestern.
Aber ich fühle mich verdammt wohl, und am Abend zuvor war nochmals das gigantische Schauspiel am Horizont mit der untergehenden Sonne, erst gelb, orange, dann rot wie ein Feuerball, als würde sie verbrennen. Bis sie das Meer schluckte. Für eine Nacht. Und an diesem Morgen lächelt mir auch der Mann mit der gelben Weste und der roten Fahne zu, vielleicht erinnert er sich, dass dieser Fremde schon paar Mal hier war.
Es war in diesen Wochen nochmals Sommer, wo es anderswo längst Herbst ist oder an einigen Orten gar winterlich; aber hier nicht, auf der Insel, meiner Insel, sie ist so etwas wie Heimat, besonders jetzt, wo es zurückgeht in die andere Heimat, aber Heimat ist dort, wo man sich wohlfühlt, auch wenn es etwas leichter fällt zu gehen, wenn es grau ist und windig und leicht kühler als gestern.
Aber ich fühle mich verdammt wohl, und am Abend zuvor war nochmals das gigantische Schauspiel am Horizont mit der untergehenden Sonne, erst gelb, orange, dann rot wie ein Feuerball, als würde sie verbrennen. Bis sie das Meer schluckte. Für eine Nacht. Und an diesem Morgen lächelt mir auch der Mann mit der gelben Weste und der roten Fahne zu, vielleicht erinnert er sich, dass dieser Fremde schon paar Mal hier war.
Täusche ich mich, bilde ich es mir ein: Viele lächeln auf dieser Insel, 300 Tage Sonne im Jahr, das färbt auf das Gesicht ab, nicht nur farblich.
Und, ja, es ist so, plötzlich, kurz nach Mittag, nochmals ein blauer Flecken am Himmel, umgeben zwar von vielem Grau, aber die Sonne hat diesen Flecken für einen Moment gefunden als hätte sie ihn gesucht; ich setze mich auf einen Liegestuhl, erst einfach geniessend, Musik im Ohr, sie passt, «Wie seit mer ciao nach allem, wo isch gsi? /Wie seit mer ciao, wenns ändgültig isch/Seit mer ciao Baby, ciao» von Dabu Fantastic.
Aber jetzt und hier geht es nicht um eine Frau, nicht um das Ende einer Liebe, oder doch: der Liebe zu einer Insel, zu vielen hier, zu allem, vor allem zu einem kleinen Dorf, Menschen in diesem Ort und in diesem Restaurant Can Mel, es ist fast wie ein Wohnzimmer geworden, die Liebe zu einer Stimmung, die das Leben federleicht macht, man wird zu einem Tagträumer ohne Traum, der Traum kommt erst allein in der dunklen Nacht.
Und, ja, es ist so, plötzlich, kurz nach Mittag, nochmals ein blauer Flecken am Himmel, umgeben zwar von vielem Grau, aber die Sonne hat diesen Flecken für einen Moment gefunden als hätte sie ihn gesucht; ich setze mich auf einen Liegestuhl, erst einfach geniessend, Musik im Ohr, sie passt, «Wie seit mer ciao nach allem, wo isch gsi? /Wie seit mer ciao, wenns ändgültig isch/Seit mer ciao Baby, ciao» von Dabu Fantastic.
Aber jetzt und hier geht es nicht um eine Frau, nicht um das Ende einer Liebe, oder doch: der Liebe zu einer Insel, zu vielen hier, zu allem, vor allem zu einem kleinen Dorf, Menschen in diesem Ort und in diesem Restaurant Can Mel, es ist fast wie ein Wohnzimmer geworden, die Liebe zu einer Stimmung, die das Leben federleicht macht, man wird zu einem Tagträumer ohne Traum, der Traum kommt erst allein in der dunklen Nacht.
Verliebt sein, es gibt so viele Arten.
Ich lese den «Spiegel», gestern gekauft. Eine grosse Geschichte über diesen 7. Oktober vor einem Jahr, wie er die Welt verändert hat, in dieser Region natürlich, aber auch anderswo, eine Angst mehr zu vielen anderen Ängsten, welche die letzten Jahre geprägt haben.
Wie Gaza in Trümmern liegt, zuerst Israelis an diesem 7. Oktober vergewaltigt, verschleppt, erschossen wurden und dann auch Zehntausende Palästinenser getötet, viele, viele Kinder, und besonders jetzt, mit der zweiten Front im Libanon und mit dem Iran alles zu eskalieren scheint und niemand mehr an einen möglichen Frieden glaubt, sondern die ganze Welt mitgerissen wird. Und in einem Monat wird vielleicht dieser blondierte Lügenmann wiedergewählt und die Welt mit ihm noch gefährlicher. Schreckensszenarien.
Oder auch das lese ich, die wunderbare Geschichte zweier jungen Menschen, sie 17, er 18, als sie sich kennenlernen und in der Schule verlieben, er Ukrainer, sie Deutsche, und dann geht er auf Druck seiner Eltern zurück in sein Land, sie reist ihm später in den Krieg hinterher. Das Ende ist hoffnungsvoll.
All das lese ich und lege das Magazin zur Seite, die kleine blaue Lücke am Himmel ist nicht mehr da, es ist wieder nur grau und dunkel an diesem Tag, die rote Flagge windet es beinahe weg ins Meer, die Wellen rauschen und spritzen pausenlos.
In solchen Momenten, zwischen Traum und Wirklichkeit, mit dem Gefühl Abschied nehmen zu müssen von einer Welt, die so schön ist – sicher nicht alles –, zurück in eine andere Welt, in der auch vieles nicht stimmt, bei der wir aber zu oft vergessen, wie schön und trotz allem heil sie ist – dürfen wir das alles aufnehmen und geniessen und vergessen oder zumindest verdrängen, was wir zwischendurch lesen (müssen), wie es ist, anderswo, gar nicht weit weg?
Vielleicht also doch besser: Auf der Insel nur diese Kreuzung nehmen, mit diesem Wegweiser. Keine andere Wahl. Für wohin man sich auch entscheidet, man bleibt an einem schönen Ort. Und darf weiter träumen, auch am Tag.
Von Bildern wie diesen:
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Partir c'est mourir un peu.
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