Als das Kusen im See versank

Blog-Nr. 393



Eine Küsnachter Geschichte



Bald ist es wieder soweit, am 1. Mai ist Eröffnung, und viele werden hier sitzen, bei Sonnenschein nachmittags im Gras liegen und zum Floos oder weiter hinaus schwimmen, abends einen Apéro nehmen und sich im «Da Enzo» von Enzo bedienen lassen, auf die untergehende Sonne blicken, Abendrot über Zürich, und viele werden sagen, es sei nirgends schöner als hier, im Kusen in Küsnacht am Zürichsee, im Chuesebädli, wie es heisst.

Und nur ganz wenige werden sich erinnern, wie es war, vor 70 Jahren, als die «Zürichsee Zeitung» in ihrer Samstagsausgabe vom 23. April 1955 mit aktuellen Bildern berichtete: «Grosser Uferabbruch in Küsnacht.» Die neue Badeanlage im Kusen sei teilweise im See versunken, die Grünfläche vor dem Garderobengebäude, das Bassin für Nichtschwimmer, ein eleganter Sprungturm, auch ein Schuppen nebenan und ein Hause wurden entzwei gerissen.

Die neue Kusenanlage, für die die Gemeindeversammlung zwei Jahre zuvor 365 000 Franken bewilligt hatte und für die später ein Nachtragskredit von 150 000 Franken nötig geworden war, müsse als verloren betrachtet werden. So stand es in der Zeitung.

Die neue Anlage hatte schon seit längerer Zeit Sorgen bereitet, weil sich der Grund im See als wenig tragfähig erwies. So kam es bereits zu Rutschungen, Pfähle mussten eingeschlagen und Aufschüttungen gemacht werden.

Am Freitagmorgen, 22. April, 10.20 Uhr, wurden dann der Seerettungsdienst und die Feuerwehr alarmiert, und als sie die im Wasser herumschwimmenden Pfähle abschleppen wollten, mussten die Helfer zusehen, «wie die ganze Badeanlage und das nebenstehende Wohnhaus der Familie Ringer in den Fluten versank». So hielt es der Obmann der Seeretter später in einem Bericht fest.  «Ein Wohnhaus hängt mit vollständig aufgerissener Front über dem See», war zu lesen, man sehe in die Eingeweide des Hauses, und, sehr dramatisch, der Anblick gemahne an die Bilder aus zerbombten Städten. 

Der Sprungturm, der nie benutzt werden konnte, steht noch heute in 20 Meter Tiefe schräg auf dem Seegrund.

Die Kusenanlage war aber nicht für immer verloren, wie im April 1955 in der Zeitung befürchtet worden war. Es gab bald ein neues Projekt, und das damals nicht versunkene Garderobengebäude steht noch heute.


Auszug aus der «Zürichsee-Zeitung» vom 23. April 1955

Die Badesaison 2025 wird bald eröffnet, und die Garderoben können benutzt werden. «Noch steht das Garderobengebäude der neuen Badeanlage stramm und unbeschädigt, aber es ist bereits vom Wasser umspült und niemand weiss, ob es nicht auch noch einstürzt», stand 1955 in der Zeitung.

Der Seegrund ist jetzt sicher. Einen Sprungturm hat es aber keinen. Oder man muss tief tauchen. Auch meine neue Sonnenbrille, die ich vor paar Jahren am gleichen Tag gekauft hatte und beim ersten Sprung vom Floos verlor, müsste irgendwo tief unten liegen. 


1955 war alles weg


PS: Auf der Rückseite des Berichtes in der Zürichsee-Zeitung über den Uferabbruch waren die Kino-Inserate gedruckt. Im Kino «Ideal», dieses gab es damals in Küsnacht an der Dorfstrasse, steht die Premiere des Kinderfilms «Heidi und Peter» auf dem Programm, der erste Schweizer Film in Farben, mit dem Küsnachter Thomas Klameth. Er, der «die Rolle des Geissenpeters wieder zu prächtig spielt», wie im Inserat steht, werde zu den Nachmittagsvorstellungen am Samstag und Sonntag persönlich erscheinen.


Eine nächste musikalische  Lesung 21. August
im Garten  bei «Culture Time» in Winterthur 



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