Trost für uns


Wie du früher, höre ich manchmal in diesen Tagen, und es war immer etwas hämisch, zumindest nicht lieb gemeint. Sie hätten sofort an mich denken müssen, als sie es gesehen hatten.

 
Ich war auch einmal Torhüter oder war der, der im Tor stand – weil es mir Spass machte (meistens), nicht, weil ich Talent hatte für einmal etwas Grösseres. Der Kreis jener, die sich erinnern, wie ich mich eben früher bei gewissen Situationen anstellte, manchmal mehr dummer August als Torhüter, ist also überschaubar, es sind eigene Mitspieler und gegnerische Stürmer, die profitieren konnten von falschen Bewegungen. Es gab zwar drei Spiele, die damals direkt am TV übertragen wurden, und es waren viele Zuschauer im Stadion, in Como, Lugano und auf dem Letzigrund, Spassspiele gegen die Nationalmannschaft der italienischen Sänger, aber die waren alle wegen Eros Ramazzotti gekommen.

Warum ich das schreibe? 75 000 waren am vergangenen Samstagabend Zeugen in der Münchner Allianz Arena, Millionen sassen vor dem Bildschirm, und auf Youtube kann man es längst anklicken, mit ganz vielen Videos in allen Sprachen, «el terrible error de Kobel».

Die Schreckensekunde von Gregor Kobel (Youtube)

Gregor Kobel. Wie er aus dem Tor eilt. Wohl viele Gedanken im Kopf hat. Zu viele. Den Ball wegschlagen will. Ihn nicht trifft. Dafür ein Luftloch. Er sich an den Kopf greift. Entsetzt ist über sich selber. Mit offenem Mund und Augen, die ins Leere schauen. Er mag nicht ansehen,  wie der Ball ins Tor rollt. Nur dasteht und sich fragt: Warum nur, warum?

Der Schweizer Kobel, gross und stark, gilt als eines der grössten Torhütertalente überhaupt. Es gibt Stimmen, die sagen, er sei der Beste der Bundesliga. 


Und jetzt dieser Bock.

Der Blick ins Leere: Gregor Kobel

Kobel ist ein Trost für alle, es kann jedem passieren, wenigstens einmal in einem Torhüterleben. Doch es gibt einen Unterschied: Kobel wurde auf dem Rasen sogleich getröstet von eigenen Mitspielern, und sein Trainer sagte nachher, nur wegen ihm stünden sie überhaupt da, wo sie stehen, zuoberst in der Rangliste, vor dem Spiel gegen die Bayern.

Bei uns Wald-und Wiesen-Torhütern ist das nach so einem Lapsus anders. Da wenden sich die eigenen Verteidiger ab, kopfschüttelnd, machen vielleicht mit der Hand noch eine abschätzige Bewegung, rufen gar etwas zu, und wir Torhüter hören es gut, weil es bei uns keine Zuschauer hat und kein Lärm stört: «Hebsch au e mal eine!».

Und dann, viele Jahre später, wenn solches auch einmal einem wie Kobel passiert ist: «Wie du früher». Man wird wieder daran erinnert. 

Dabei hat man es doch längst verdrängt.

Damals waren alle wegen Eros Ramazzotti gekommen . . .

 

 Zum Thema: Blog «Tuchels Müller» vom 2.4.23

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