Traum verpasst
Blog-Nr. 432
Wie fühlen wir uns? Wir fragen uns das immer wieder. Axel Hacke, der deutsche Autor und Kolumnist, hat ein Buch darüber geschrieben: «Wie fühlst du dich? Über unser Innenleben in Zeiten wie diesen.»
Ja, in Zeiten wie diesen.
Ich hatte noch im Kopf, wie Axel Hacke in sein neues Buch einsteigt, es ist eben erschienen. «Fangen wir mal so an: Ich habe schlecht geschlafen».
(Stimmt, ich habe sehr schlecht geschlafen, aus einem anderen Grund).
Ja, in Zeiten wie diesen.
Ich hatte noch im Kopf, wie Axel Hacke in sein neues Buch einsteigt, es ist eben erschienen. «Fangen wir mal so an: Ich habe schlecht geschlafen».
(Stimmt, ich habe sehr schlecht geschlafen, aus einem anderen Grund).
Hacke fährt fort: «Das habe ich zuerst auf den grünen Tee geschoben, den ich nachmittags gegen meine Gewohnheit und in grösserer Menge getrunken hatte. Normalerweise nehme ich nachmittags nur einen Kaffee zu mir, auch zwei.
(Mache ich auch. Aber diesmal habe ich weder das eine noch das andere getrunken. Nur Wasser. Viel Wasser. Aus einem Grund)
Weiter Hacke auf der ersten Seite des Buches: «Aber nun hatte ich von einer Studie gelesen, deren Ergebnis war: Menschen, die nur vormittags Kaffee trinken, nicht am Nachmittag, haben eine höhere Lebenserwartung. Fragen Sie mich nicht, warum.»
(Wer will das nicht?)
Hacke: «Und weil ich gerne eine höhere Lebenserwartung hätte, beschloss ich, auf der Stelle ab zwölf keinen Kaffee mehr zu trinken, sondern nur noch grünen Tee. Der ist steingesund, das wissen wir alle. Meine Lebenserwartung wird weiter nach oben schiessen, dachte ich. Wobei: Ich weiss gar nicht, wie hoch genau sie gerade ist, was seltsam ist, denn ich müsste doch der Erwartende sein, also Bescheid wissen.»
(Wäre es schön zu wissen, wie alt man wird?)
(Mache ich auch. Aber diesmal habe ich weder das eine noch das andere getrunken. Nur Wasser. Viel Wasser. Aus einem Grund)
Weiter Hacke auf der ersten Seite des Buches: «Aber nun hatte ich von einer Studie gelesen, deren Ergebnis war: Menschen, die nur vormittags Kaffee trinken, nicht am Nachmittag, haben eine höhere Lebenserwartung. Fragen Sie mich nicht, warum.»
(Wer will das nicht?)
Hacke: «Und weil ich gerne eine höhere Lebenserwartung hätte, beschloss ich, auf der Stelle ab zwölf keinen Kaffee mehr zu trinken, sondern nur noch grünen Tee. Der ist steingesund, das wissen wir alle. Meine Lebenserwartung wird weiter nach oben schiessen, dachte ich. Wobei: Ich weiss gar nicht, wie hoch genau sie gerade ist, was seltsam ist, denn ich müsste doch der Erwartende sein, also Bescheid wissen.»
(Wäre es schön zu wissen, wie alt man wird?)
Aber ich liege auf diesem Bett, an der Kohlrainstrasse in Küsnacht, Dr. med. Jean-Pierre Richterich. Habe seit 24 Stunden nicht gegessen, nur Wasser getrunken, und zweimal einen Saft, von dem es heisst, er sei fürchterlich, doch er war noch das Beste seit 24 Stunden.
Der Darm und der Magen sollen gespiegelt werden.
Die Pflegefachfrau erinnert mich zuerst an das Konzert von Reinhard Fendrich, das ich kürzlich besucht hatte. So ein wunderbares Wienerisch. Es wird ihnen vielleicht etwas schwindlig, sagte sie noch, sehr lieb, die Nadel im Oberarm war gesteckt, Propofol, das intravenöse Anästhetikum bereit, ich dachte noch, wunderbar, jetzt kannst du tief schlafen und überlegte mir, was ich Schönes träumen könnte.
Zu spät. Weg, sofort weg, von einer Sekunde zur anderen, eine Millisekunde. Einfach nicht mehr da. An das Wort «schwindlig» erinnerte ich mich erst später wieder, nach dem Aufwachen, schwindelig wurde es mir nicht, aber geträumt habe ich auch nicht, konnte mir ja nicht wünschen, von was ich träumen sollte.
Ich war wieder da. Zurück auf diesem Bett, diesem Raum, dieser Welt.
Die Pflegefachfrau erinnert mich zuerst an das Konzert von Reinhard Fendrich, das ich kürzlich besucht hatte. So ein wunderbares Wienerisch. Es wird ihnen vielleicht etwas schwindlig, sagte sie noch, sehr lieb, die Nadel im Oberarm war gesteckt, Propofol, das intravenöse Anästhetikum bereit, ich dachte noch, wunderbar, jetzt kannst du tief schlafen und überlegte mir, was ich Schönes träumen könnte.
Zu spät. Weg, sofort weg, von einer Sekunde zur anderen, eine Millisekunde. Einfach nicht mehr da. An das Wort «schwindlig» erinnerte ich mich erst später wieder, nach dem Aufwachen, schwindelig wurde es mir nicht, aber geträumt habe ich auch nicht, konnte mir ja nicht wünschen, von was ich träumen sollte.
Ich war wieder da. Zurück auf diesem Bett, diesem Raum, dieser Welt.
«Wie fühlen sie sich?» fragte die schöne wienerische Stimme.
Und ich dachte, spontan, wirklich, vielleicht, weil ich fühlte, dass diese Welt, die momentan so Angst machen muss: Könnte man nicht all den Putins und dem Trumps so eine Stunde schenken, ihnen dieses Mittel spritzen. Sie könnten nichts Schlimmes mehr überlegen, keine Chance, würden sofort in einen tiefen Schlaf verfallen, wieder aufwachen und vergessen, was sie einst taten und nur noch an das Gute und Schöne denken.
Und ich dachte, spontan, wirklich, vielleicht, weil ich fühlte, dass diese Welt, die momentan so Angst machen muss: Könnte man nicht all den Putins und dem Trumps so eine Stunde schenken, ihnen dieses Mittel spritzen. Sie könnten nichts Schlimmes mehr überlegen, keine Chance, würden sofort in einen tiefen Schlaf verfallen, wieder aufwachen und vergessen, was sie einst taten und nur noch an das Gute und Schöne denken.
Ich, jetzt zu Hause, nehme wieder das Buch von Hacke. Lese darin das: «Ich freue mich darüber, dass ich staunen kann. Man kann das üben, kann seinen Blick lenken, sich öffnen für das Übersehene. Man sollte das tun, weil es das Leben verändert, Interesse statt Langeweile erzeugt und Neuigkeit statt Ödnis ins Leben bringt. Weil es Freude macht.»
Es machte Freude. Die Wienerin brachte mir keinen grünen Tee, sondern auch einen Cappuccino. Es war ja auch erst morgens um halb elf. Vielleicht erwartet mich jetzt eine höhere Lebenserwartung.
Es machte Freude. Die Wienerin brachte mir keinen grünen Tee, sondern auch einen Cappuccino. Es war ja auch erst morgens um halb elf. Vielleicht erwartet mich jetzt eine höhere Lebenserwartung.
Der nette Arzt versprach es allerdings nicht.
Auf dem Umschlag von Hackes wunderbarem Buch steht: «Überlassen wir unsere Gefühle nicht den Falschen, sondern lernen wir lieber selbst, wie sie entstehen, was sie beeinflusst und wie unser Leben und die Welt verändern können.»
«Wie fühlst du dich? Über unser Innenleben in Zeiten wie diesen» - Axel Hacke – Dumontverlag. – 250 Seiten.
Auf dem Umschlag von Hackes wunderbarem Buch steht: «Überlassen wir unsere Gefühle nicht den Falschen, sondern lernen wir lieber selbst, wie sie entstehen, was sie beeinflusst und wie unser Leben und die Welt verändern können.»
«Wie fühlst du dich? Über unser Innenleben in Zeiten wie diesen» - Axel Hacke – Dumontverlag. – 250 Seiten.
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