Das Buch des Stoikers
Blog-Nr. 425
Ein Buch aus dem Innenleben im Gefängnis
Wie er nachts durch die Gefängnismauern immer wieder Schreie hörte, als würde sich jemand in der schimmeligen und kalten Zelle nebenan umbringen. Wie er mit Mördern, Drogenhändlern, Pädophilen und Vergewaltigern unter einem Dach lebte. Wie er bald anderen Insassen Mathe- und Englisch-Unterricht gab. Wie er das Gefühl bekam, an einem trostlosen Ort ein wenig Optimismus zu verbreiten. Wie das Gym, wo er teilweise arbeiten durfte, für ihn zum Ort der Freiheit wurde. Wie er einen Stoizismus-Kurs belegte. Und später selber als Hilfslehrer Kurse leitete. Wie er mit einem albanischen Drogenhändler, der zwei Kontrahenten umbrachte, immer wieder Schach spielte. Wie polnische Häftlinge ihm den Hitler-Gruss zeigten. Wie er den Wimbledon-Final 2022 in seiner Zelle verfolgte und am Ende, als Djokovic gewann, heulen musste. Wie er nach einer Pokerrunde mit Häftlingen aus Rumänien 500 Pfund Schulden hatte und diese ihm eins über die Nase geben wollten, wenn er nicht zahlte.
All das steht im Buch «Inside», das diesen Donnerstag herauskam. Boris Becker, der schon einmal ein Buch herausgab, «Das Leben ist kein Spiel» war seine Erkenntnis, schrieb es oder liess es vom britischen Autor Tom Fordyce als Ghostwriter schreiben, mit teils schönen Sätzen und Gedanken.
57 ist Becker heute, 17 war er, als an einem Sonntagabend im Juli 1985 auf dem heiligen Rasen von Wimbledon der rothaariger Jüngling mit grossen blauen Augen seine Fäuste ballte, die Arme hochriss und den Kopf im Nacken «Yeeeeeeeh» herausschrie.
Das Tenniswunderkind aus dem badischen Leimen. Zwölf Wochen lang war er insgesamt die Nummer 1 im Tennis.
Nun war er die Nummer A2923EV. Ein Häftling im Gefängnis Wandsworth im Südwesten Londons, ganz nahe von Wimbledon, in dem auch einmal der Schriftsteller Oscar Wilde einsass (1895, wegen einer homosexuellen Beziehung). Später wurde Becker in eine andere Haftanstalt verlegt; zu 30 Monaten war er wegen vier Insolvenzdelikten Ende April 2022 verurteilt worden. 231 Tage verbrachte er in den englischen Gefängnissen, ehe er nach Deutschland abgeschoben wurde.
Jetzt also das Buch dazu. Vom «Bobele», wie sie ihn liebevoll riefen, vom «Bumm-Bumm Boris», aber später auch vom «Depp vom Dienst» (eine von vielen Schlagzeilen), vom Mann mit einer «bizarren Erscheinung in TV-Sendungen mit aufgedunsenem Gesicht», mit der Affäre in einer Besenkammer oder seiner Parallelexistenz als Diplomat von Zentralafrika. Im «Spiegel» stand einmal in einer Geschichte über Beckers Selbstdemontage: «Falls es einen Tennisgott gibt, dann soll er Boris Becker bitte einen weisen, väterlichen Mann schicken. Einen guten Berater, jemanden, der zu Becker immer wieder sagt: Shut the fuck up, Boris.»
Vor der Buchpremiere war auch im «Spiegel» ein grosses Gespräch mit ihm zu lesen, und es wird so eingeleitet: «Boris Becker war früh ganz oben und immer wieder auch ganz unten: ein Meister des Comeback, ein Virtuose des Neubeginns.» Der Titel «Inside» hat den Zusatz: «Gewinnen – Verlieren – Neu beginnen», es sind 352 Seiten über die Innenansichten aus dem Leben im Gefängnis und damit aus dem Leben von Becker.
Die Zeit habe ihn, lässt er schreiben, zurück auf den richtigen Weg geführt, er wisse, er habe Fehler gemacht, falschen Leuten vertraut und gewisse Dinge falsch eingeschätzt, und er wolle nun aufpassen mit der Wahl seines Umfeldes. Aber die Vergangenheit lasse sich ohnehin nicht ändern, und je schneller man das kapiere, desto schneller schaffe man es, die Gegenwart zu meistern. Diese Lehre sei ihm geblieben, sagte er in einem Interview mit dem «SonntagsBlick», der liebe Gott habe seine eigenen Pläne mit uns.
Hilft ihm dieses Buch? Becker hat sich immer gerne selbst inszeniert, er war stets eine öffentliche Figur in der Welt der «Bunte-Gala-Bild», er sei, sagt er, für die Deutschen eine Art Eigentum. In seinem Buch spricht er nun vom «Unterton in der Bild und anderen dunklen Ecken der Medienwelt» und sieht sich als Opfer der Öffentlichkeit. Er fordert mehr Respekt und Sensibilität mit Menschen wie ihm.
«Becker gegen Becker», das war auch eine Schlagzeile am Tag, als er in Berlin sein neues Buch präsentierte. Seine Ex-Frau Lilly, die sich zeitgleich im neuen Playboy wenig zugeknöpft zeigt, lässt über ihren Anwalt mitteilen, dass im Buch falsche Behauptungen stehen würden. Sie habe Boris Becker während seiner Haft den gemeinsamen Sohn Amadeus nicht vorenthalten. Und er schulde Kindesunterhalt von inzwischen erheblich sechsstelliger Höhe.
Die Becker-Schlagzeilen werden weiterhin nicht weniger sein.
Im Gefängnis habe er Zeit gehabt, sein Leben, das kein Spiel ist (sein erstes Buch), zu überdenken, und er habe gemerkt, dass er die Eigenschaften eines Stoikers habe.
Er wolle wieder ernst genommen werden – das sagte Becker schon einmal, vor mehr als zehn Jahren, als ihn Novak Djokovic zu seinem Trainer gemacht hatte.
Damals sah er sich noch nicht als Stoiker.
All das steht im Buch «Inside», das diesen Donnerstag herauskam. Boris Becker, der schon einmal ein Buch herausgab, «Das Leben ist kein Spiel» war seine Erkenntnis, schrieb es oder liess es vom britischen Autor Tom Fordyce als Ghostwriter schreiben, mit teils schönen Sätzen und Gedanken.
57 ist Becker heute, 17 war er, als an einem Sonntagabend im Juli 1985 auf dem heiligen Rasen von Wimbledon der rothaariger Jüngling mit grossen blauen Augen seine Fäuste ballte, die Arme hochriss und den Kopf im Nacken «Yeeeeeeeh» herausschrie.
Nun war er die Nummer A2923EV. Ein Häftling im Gefängnis Wandsworth im Südwesten Londons, ganz nahe von Wimbledon, in dem auch einmal der Schriftsteller Oscar Wilde einsass (1895, wegen einer homosexuellen Beziehung). Später wurde Becker in eine andere Haftanstalt verlegt; zu 30 Monaten war er wegen vier Insolvenzdelikten Ende April 2022 verurteilt worden. 231 Tage verbrachte er in den englischen Gefängnissen, ehe er nach Deutschland abgeschoben wurde.
Jetzt also das Buch dazu. Vom «Bobele», wie sie ihn liebevoll riefen, vom «Bumm-Bumm Boris», aber später auch vom «Depp vom Dienst» (eine von vielen Schlagzeilen), vom Mann mit einer «bizarren Erscheinung in TV-Sendungen mit aufgedunsenem Gesicht», mit der Affäre in einer Besenkammer oder seiner Parallelexistenz als Diplomat von Zentralafrika. Im «Spiegel» stand einmal in einer Geschichte über Beckers Selbstdemontage: «Falls es einen Tennisgott gibt, dann soll er Boris Becker bitte einen weisen, väterlichen Mann schicken. Einen guten Berater, jemanden, der zu Becker immer wieder sagt: Shut the fuck up, Boris.»
Vor der Buchpremiere war auch im «Spiegel» ein grosses Gespräch mit ihm zu lesen, und es wird so eingeleitet: «Boris Becker war früh ganz oben und immer wieder auch ganz unten: ein Meister des Comeback, ein Virtuose des Neubeginns.» Der Titel «Inside» hat den Zusatz: «Gewinnen – Verlieren – Neu beginnen», es sind 352 Seiten über die Innenansichten aus dem Leben im Gefängnis und damit aus dem Leben von Becker.
Die Zeit habe ihn, lässt er schreiben, zurück auf den richtigen Weg geführt, er wisse, er habe Fehler gemacht, falschen Leuten vertraut und gewisse Dinge falsch eingeschätzt, und er wolle nun aufpassen mit der Wahl seines Umfeldes. Aber die Vergangenheit lasse sich ohnehin nicht ändern, und je schneller man das kapiere, desto schneller schaffe man es, die Gegenwart zu meistern. Diese Lehre sei ihm geblieben, sagte er in einem Interview mit dem «SonntagsBlick», der liebe Gott habe seine eigenen Pläne mit uns.
Hilft ihm dieses Buch? Becker hat sich immer gerne selbst inszeniert, er war stets eine öffentliche Figur in der Welt der «Bunte-Gala-Bild», er sei, sagt er, für die Deutschen eine Art Eigentum. In seinem Buch spricht er nun vom «Unterton in der Bild und anderen dunklen Ecken der Medienwelt» und sieht sich als Opfer der Öffentlichkeit. Er fordert mehr Respekt und Sensibilität mit Menschen wie ihm.
«Becker gegen Becker», das war auch eine Schlagzeile am Tag, als er in Berlin sein neues Buch präsentierte. Seine Ex-Frau Lilly, die sich zeitgleich im neuen Playboy wenig zugeknöpft zeigt, lässt über ihren Anwalt mitteilen, dass im Buch falsche Behauptungen stehen würden. Sie habe Boris Becker während seiner Haft den gemeinsamen Sohn Amadeus nicht vorenthalten. Und er schulde Kindesunterhalt von inzwischen erheblich sechsstelliger Höhe.
Die Becker-Schlagzeilen werden weiterhin nicht weniger sein.
Im Gefängnis habe er Zeit gehabt, sein Leben, das kein Spiel ist (sein erstes Buch), zu überdenken, und er habe gemerkt, dass er die Eigenschaften eines Stoikers habe.
Er wolle wieder ernst genommen werden – das sagte Becker schon einmal, vor mehr als zehn Jahren, als ihn Novak Djokovic zu seinem Trainer gemacht hatte.
Damals sah er sich noch nicht als Stoiker.
«Inside: Gewinnen - Verlieren - Neu beginnen.» Von Boris Becker und Tom Fordyce. – Ullstein-Verlag. – 352 Seiten, ca 37 Franken.
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