Buch voll gekritzelt
Blog-Nr. 394
Geht Ihnen das manchmal auch so: Sie lesen ein Buch und greifen plötzlich zum Kugelschreiber und beginnen, auf den Seiten verschiedene Sätze oder Gedanken zu markieren, und am Ende ist das halbe Buch bekritzelt.
Und so steht es später im Bücherregal, und vielleicht nehmen Sie es irgendwann, nach Jahren, wieder hervor, lesen es nochmals und denken dann, weshalb war mir genau dieser Satz oder dieser Gedanke damals so wichtig, und es muss wohl auch mit meinen Gefühlen damals zu tun haben. Oder sie leihen das Buch jemandem aus, und der oder sie fragt sich dann vielleicht: Weshalb hat er nun das wohl angestrichen? Und macht sich mehr Gedanken über den Anstreicher als über das Buch.
So passierte es mir beim neuen Buch von Martin Suter, eben in diesen Tagen in die Buchhandlungen gekommen, «Wut und Liebe» heisst es, ein Roman, der auch zum spannenden Krimi wird. Ich nahm bald einmal einen Kugelschreiber und, weil ich einen Tag lang nur las, zumindest nichts anderes daneben, keine gedruckten Zeitungen – gut, es war Karfreitag –, blieb der Kugelschreiber stets in der Nähe.
Und so steht es später im Bücherregal, und vielleicht nehmen Sie es irgendwann, nach Jahren, wieder hervor, lesen es nochmals und denken dann, weshalb war mir genau dieser Satz oder dieser Gedanke damals so wichtig, und es muss wohl auch mit meinen Gefühlen damals zu tun haben. Oder sie leihen das Buch jemandem aus, und der oder sie fragt sich dann vielleicht: Weshalb hat er nun das wohl angestrichen? Und macht sich mehr Gedanken über den Anstreicher als über das Buch.
So passierte es mir beim neuen Buch von Martin Suter, eben in diesen Tagen in die Buchhandlungen gekommen, «Wut und Liebe» heisst es, ein Roman, der auch zum spannenden Krimi wird. Ich nahm bald einmal einen Kugelschreiber und, weil ich einen Tag lang nur las, zumindest nichts anderes daneben, keine gedruckten Zeitungen – gut, es war Karfreitag –, blieb der Kugelschreiber stets in der Nähe.
Nach Seite 291 und dem Ende und dem letzten Wort – es heisst «egal» –, blätterte ich zurück und sah, dass ich bei einigem hängen blieb. Sätze, Gedanken, Formulierungen.
Und so ist das keine Buchbesprechung, sondern ein Kurzfilm mit Sätzen durch das Buch, eine Auswahl wenigstens, wie ein Spielverlauf im Liveticker eines Fussballmatches.
Nicht immer mit Leib, aber immer mit Seele
Während sie auf die Drinks warteten, ruhten sie ihre Stimme aus.
Der karge Abendverkehr bewegte sich gemächlich, als wollte er den Sommerabend nicht stören.
Lange sahen sie einander an. Als hätten sie sich nichts oder viel zu sagen,
Sie fielen übereinander her, als wäre es das erste Mal. Oder das letzte.
Ich liebe dich, aber nicht das Leben mit dir.
Kunst und Vernunft, das passt nicht zusammen.
Liebe und Vernunft auch nicht.
Aber was ist wichtiger: die Kunst oder die Liebe?
Sie trank nicht. Sie brauchte die Wirkung.
Sein Händedruck war keine Begrüssung, es war eine Einschüchterung.
Es war ein Alles-wird-gut-Morgen.
Ihre Gegenwart war schön, und die Zukunft versprach, es auch zu werden.
In der Liebe ist die Lüge ein Liebesbeweis.
Die Zukunft ist ganz allgemein eine Schlampe.
Beide lächelten in sich hinein und dachten an ein paar Trotzdem in ihrem Leben.
Gegen Wut hilft Liebe.
«Wut und Liebe» ist also der Titel. Und liest man ein Buch ohne aufzuhören, es zu lesen, fast ohne Pause, bis zum letzten Buchstaben, sagt dies schon viel oder alles über das Buch aus.
Und so ist das keine Buchbesprechung, sondern ein Kurzfilm mit Sätzen durch das Buch, eine Auswahl wenigstens, wie ein Spielverlauf im Liveticker eines Fussballmatches.
Nicht immer mit Leib, aber immer mit Seele
Während sie auf die Drinks warteten, ruhten sie ihre Stimme aus.
Der karge Abendverkehr bewegte sich gemächlich, als wollte er den Sommerabend nicht stören.
Lange sahen sie einander an. Als hätten sie sich nichts oder viel zu sagen,
Sie fielen übereinander her, als wäre es das erste Mal. Oder das letzte.
Ich liebe dich, aber nicht das Leben mit dir.
Kunst und Vernunft, das passt nicht zusammen.
Liebe und Vernunft auch nicht.
Aber was ist wichtiger: die Kunst oder die Liebe?
Sie trank nicht. Sie brauchte die Wirkung.
Sein Händedruck war keine Begrüssung, es war eine Einschüchterung.
Es war ein Alles-wird-gut-Morgen.
Ihre Gegenwart war schön, und die Zukunft versprach, es auch zu werden.
In der Liebe ist die Lüge ein Liebesbeweis.
Die Zukunft ist ganz allgemein eine Schlampe.
Beide lächelten in sich hinein und dachten an ein paar Trotzdem in ihrem Leben.
Gegen Wut hilft Liebe.
«Wut und Liebe» ist also der Titel. Und liest man ein Buch ohne aufzuhören, es zu lesen, fast ohne Pause, bis zum letzten Buchstaben, sagt dies schon viel oder alles über das Buch aus.
Es ist, 28 Jahre nach seinem ersten, «Small World», Suters 13. Roman und sein 20. Buch, und wie der letzte, «Melody», der im Theater Rigiblick auch als Bühnenstück aufgeführt wird, nimmt er ein Ende, das unerwartet kommt. Und schön ist. Mit, wie immer bei Suter, genauen und bildhaften Beobachtungen, er versteht es, so zu schreiben, dass man sich jede Szene vorstellen kann.
Mehr sei nicht verraten. Die angestrichenen Sätze tun es ein klein wenig. Ohne über den Inhalt etwas zu verraten. Aber um hängen zu bleiben, wenigstens bei mir. Und der oder die es auch einmal liest. Das bekritzelte Buch.
Mehr sei nicht verraten. Die angestrichenen Sätze tun es ein klein wenig. Ohne über den Inhalt etwas zu verraten. Aber um hängen zu bleiben, wenigstens bei mir. Und der oder die es auch einmal liest. Das bekritzelte Buch.
«Wut und Liebe» von Martin Suter. - Diogenes. – 291 Seiten. - 35 Franken. - Offiziell im Buchhandel ab dem 23. April.
Eine nächste musikalische Lesung 21. August
im Garten bei «Culture Time» in Winterthur
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