«Mir isch glich»
Blog-Nr. 361
Ein Filmtipp
Zum Glück gibt es noch Kinos. Hingehen und zwei Stunden lang durch nichts abgelenkt sein, nur dasitzen und auf die Leinwand schauen, an einem solch trüben und grauen Herbstnachmittag, trüber kann er eigentlich gar nicht sein, aber irgendwie doch poetisch und schön, so scheint es wenigstens, wenn man wieder hinausgeht, der Himmel ist immer noch grau, die Menschen hetzen durch die Gassen der Altstadt.
Aber es waren eben zwei poetische Stunden. Zum Schmunzeln, zum Lachen, zum Nachdenken, zum, ja auch, Glücklichsein, wegen kleinen Dingen, menschlichen Situtionen und zuletzt auch der traurigen Erkenntnis: Die Welt hat zu wenig von ihnen, es fehlen heute die Clowns.
Der letzte grosse, der uns zum Lachen und zum Lächeln brachte, ist vor bald einem Jahr gestorben, 72-jährig: Gaston Häni oder eben nur Gaston, der dumme August mit dem, wenn er lacht, breiten Mund, der Fistelstimme und dem faltigen Gesicht, dem viel zu weiten Schlabberanzug und den ausgelatschten Schuhen, mit denen er durch die Manege stolpert, immer etwas unbeholfen. «Gaston – Last Clown Standing» heisst der Film, von Oliver Matthias Meyer, es ist eine Hommage an ihn.
«Mir isch glich», es ist für ewig mit ihm verbunden.
Kurz vor seinem Tod hat Gaston zum Filmemacher Meyer gesagt: «Bitte mach keinen traurigen Film, ich möchte als Clown und Mensch in Erinnerung bleiben, der die Menschen zum Lachen brachte.»
Es wurde kein trauriger Film, Clowns wollen uns ja keine traurige Welt zeigen, wir wollen schmunzeln mit ihnen, staunen, naiv sein dürfen, die kindliche Seite sollen sie in uns Erwachsenen nochmals wecken, mit scheinbar müheloser Leichtigkeit, und das hat Gaston so wunderbar gemacht. «Ohne einen gewissen Humor und Witz, auch im privaten Leben, könnte man diesen Beruf gar nicht ausüben. Der traurige Clown ist eine Legende», sagte Gaston einmal in einem Interview.
Gaston und Roli, Laurel und Hardy
Es ist ein Film über sein Leben, man sieht auch einen nachdenklichen Menschen, sehr zurückhaltend und bescheiden, fast demütig; eigentlich erzählt er, habe er Missionar werden wollen, doch schon mit 16 wurde er Clown. Er ist in allen Zirkussen aufgetreten, im Theater, im Schauspielhaus, in Filmen, einmal mit einer Gastrolle auch im «Tatort», sein Grossonkel und grosses Vorbild war Jean Andreff, auch einer der grossen Clowns.
Rolf Knie war einer seiner Partner, für die wunderbare wilde Boxkampf-Nummer wurden die beiden am Circus Festival von Monaco von Fürst Rainer ausgezeichnet, und dann natürlich Roli Noirjean, zu dem er sagte, als er ihn zum ersten Mal getroffen hatte: «Du siehst ja aus wie Oliver Hardy».
Und so spielten sie dann Laurel und Hardy, «Dick und Doof», eine ihrer schönsten Nummern, die Jagd nach Tigern, wird im Film gezeigt, einfach köstlich. 21 Jahre lang sind die beiden aufgetreten, und wir freuten uns besonders auf die weihnachtliche Zeit, weil sie uns dann im Conelli am Bürkliplatz vergnügt haben.
Und es gibt im Film Gespräche mit Emil, mit Gardi Hutter und mit Dimitri, dem unvergesslichen, über den ich als ganz junger Journalist einmal eine Geschichte schreiben durfte, für die damalige Zeitschrift «Jugend», und der dabei sagte: «Ich will die Leute auf eine poetische, künstlerische Art unterhalten. Ich glaube, dass gerade die heutige Welt den Clown nötig hat.»
1973 war das, vor mehr als 50 Jahren. Die jetzige Zeit hätte Clowns wie Dimitri oder Gaston noch viel nötiger. Und es ist beleidigend, dass einer wie der drüben in Amerika mit den blondierten Haaren, über den der deutsche Autor Axel Hacke in seinen Kolumnen jeweils nur «The-man-whose-name-I-will-never-mention» schreibt, als Clown bezeichnet wird.
Gaston - Last Clown Standing. – Ein Film von Oliver Matthias Meyer. – Er läuft in Zürich noch im Arthouse Movie 2, jeweils 13.15 Uhr.
Trailer zum Film (Youtube) |
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