Beziehungen

Blog-Nr. 312




Soll man eine Beziehung weiterführen, wenn man spürt, es geht eigentlich nicht mehr, es hat Brüche gegeben im Zusammenleben, man versteht sich zwar noch, ist lieb zueinander, aber liebt sich nicht mehr, vielleicht war es ein Missverständnis vom ersten Moment an, hat das falsche gesehen oder einiges nicht sehen wollen, aber es ging ja lange gut, wunderbar gar eine Zeit lang, aber dann kamen doch Zweifel, gab es Fragen, ausgesprochene und andere, und eben diese entscheidende: Soll man? Weiterhin? Etwas aufrechterhalten? Oder, so sehr es schmerzen mag, sagen: Nein, es macht keinen Sinn mehr, für beide?

Der Fussball ist wieder einmal ein Sinnbild für das Leben. In Bern und in München.

Es geht um die Beziehung zwischen Trainer und Mannschaft, eben um diese Frage: Macht es einen Sinn, noch zusammenzubleiben, wenn Brüche da sind, Zweifel aufkommen, Unzufriedenheit. Und Brüche zeigen sich hier an Zahlen, auf dem Totomat, wie man so nostalgisch sagt, die Wahrheit ist das Resultat, 1:0 oder 0:1.

Oder jetzt an diesem Wochenende: 8:1 in München, 5:1 in Bern.

8:1 in München mit Thomas Tuchel, diesem nicht einfachen Trainer, aber einer mit so grossen Fähigkeiten und auch Erfolgen (anderswo). Es geht nicht mehr mit ihm, zu dieser Einsicht kamen die Bayern, nicht sofort, aber am Ende der Saison trennt man sich. Vielleicht wäre es doch zu einem «sofort» gekommen, wenn er in der Champions League gegen Lazio Rom frühzeitig gescheitert wäre, er tat es nicht – und jetzt eben am Samstag 8:1 gegen Mainz. Tuchel sprach, als es klar war, dass im Sommer Schluss ist, von Klarheit und Freiheit.

Befreiung durch vorläufiges Festhalten in einer kompliziert gewordenen Beziehung. Offenbar war es richtig. Für alle.

5:1 in Bern gegen Basel, nicht mehr mit Raphael Wicky, mit dem man monatelang redete oder nicht redete oder andere reden und mutmassen liess und alles offen blieb, und sich dann doch trennte – sofort, nicht erst Ende der Saison, mit schlechtem Gewissen zwar, weil man sich ja schätzte und mochte und es eigentlich nicht wollte, diesen Schritt, weil Wicky die Beziehung lange so glücklich gemacht hatte.

Und jetzt mit Joël Magnin, einem der freundlichsten Menschen in der Schweizer Fussballwelt, er war es schon als Spieler, ist es jetzt als Trainer, doch einige rümpften die Nase, als YB ihn zum vorübergehenden Chef machte. Soll das gut kommen mit ihm?

Und jetzt also eine Befreiung, weil die Berner keine Geduld mehr hatten und sofort handelten.

Befreiung? Vielleicht. Im Fussball zählt nur das Jetzt. Morgen kann falsch sein, was heute richtig ist.

Und was heisst das für Beziehungen im richtigen Leben (als wäre der Fussball ein falsches Leben...)? 

Nichts.

Oder höchstens: Beziehungen bleiben kompliziert. 1:0, 0:1. Im richtigen Leben gibt es das nicht. Es ist mehr ein Abwägen. Mehr ein Gefühl als Zahlen.


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