Sprachlos

Blog-Nr. 301



Es war nicht im Bistro, in dem ich sonst am Morgen meistens bin, es war anderswo, die Leute am Nebentisch habe ich noch nie gesehen, es waren ältere Männer, und ich hörte ihnen zu, und sie redeten über Waffensysteme, über Raketen und Geparden und Leoparden und Mardern und Haubitzen und Drohnen und Kampfpanzern und Reichweiten und was nötig sei, was die einen haben und die anderen weniger und jetzt wichtig wäre, damit die einen vielleicht doch noch gewinnen könnten, sie redeten sehr ernsthaft, und irgendwann konnte ich nicht mehr zuhören, und ich nahm meinen Espresso und meine Zeitung und setzte mich an einen anderen Tisch und bekam diese Gespräche doch nicht aus dem Kopf, und ich setzte mich ins Auto, fuhr heim, und am Radio sprach ein Politologe, er soll zu den renommiertesten in Europa gehören, und er sagte: Wir müssen lernen, mit Kriegen zu leben und verstehen, warum es immer wieder Kriege geben wird, und er wollte nicht von aufrüsten reden, sondern von ausrüsten, was für mich auf das Gleiche herauskommt, aber das sei wichtig, sagte er, und ich musste den Sender wechseln.

Ich hielt es nicht mehr aus.

Auf einem Radiosender, den ich im fünften Versuch fand, sang Konstantin Wecker zusammen mit Reinhard Mey ein altes Lied von Hannes Wader, geschrieben 1980. «Es ist an der Zeit» heisst es, und es gibt darin diese Zeile:

Es blieb nur das Kreuz als die einzige Spur,
Von Deinem Leben, doch hör meinen Schwur.
Für den Frieden zu kämpfen und wachsam zu sein,
Fällt die Menschheit noch einmal auf Lügen herein.
Dann kann es geschehen, dass bald niemand mehr lebt
Niemand, der die Milliarden von Toten begräbt.



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