Liebeserklärung

Blog-Nr. 303

Nur schon dieser Ort.

Es war einmal eine Futtermühle, Schweine, erst 50, bald weit mehr, bekamen so ihre Nahrung, und Schweine sieht man auch jetzt noch, ausgestopfte, fliegende, überall hat es ganz viele andere Tiere, sie hängen an Wänden und Decken, und auch Menschen, ein Bunny Girl neben einem Bunny, ganz andere Typen, viele skurrile Gegenstände, Flipper- und Töggeli-Kästen, Fasnachtsfiguren, eine Jahrmarktorgel, ein Skelett über der Kasse, erlaubt ist, was gefällt, und alles ist erlaubt. Überall hängen Bilder, Erinnerungen an gestern, mitten drin bei der Bar eine grosse Bahnhofsuhr, die Ziffern zeigen kurz vor zwölf, ob mittags oder nachts, unwichtig, die Zeit scheint stehen geblieben zu sein. Symbolisch.

Und es ist wunderbar. Man entdeckt immer wieder Neues. Und staunt. Und lacht oder schmunzelt. Und freut sich. Und wenn man vor dem Eingang in der Schlange steht, redet man miteinander. Auch darüber.

Hereinspaziert

Es ist ein Museum, auch ein Museum, ein besonderes. Vor allem ist es aber ein Konzertlokal, eines, wie es kein zweites gibt, seit 1976 ist es das, über 15 000 Künstlerinnen und Künstler sind seither laut Homepage darin aufgetreten. Kunst auf die vielfältigste Art, Musik, ob Rock, ob Blues, Soul, Rap, Indie-Rock oder Liedermacher, es gibt Lesungen, Comedy, Spoken-Word-Programme oder Nächte mit Schlagermusik, Miles Davis, Wolf Biermann, Dario Fo, Peach Weber, Golä, Guillaume Hoarau (ja, der Fussballer), Campino, ganz verschiedene waren einmal da, Polo Hofer 70-mal, Büne Huber und seine Ochsners über 40-mal, Bänz Friedli bald als Jubiläum zum 10-mal, es sei der schönste Ort der Welt, sagt er.

Die Mühle Hunziken, in Rubigen, nahe der Autobahn von Bern nach Thun, ist eine Bühne für alle.

An diesem Samstagabend für Pippo Pollina. Er war 1987 auch da gewesen, es war sein erstes eigenes Konzert überhaupt, zuvor war er Strassenmusiker, sass spielend im Zürcher Niederdorf oder auf der Kapellbrücke in Luzern auf dem Boden. Und dann, damals an jenem Tag im November vor 36 Jahren, in der Mühle Hunziken – 10 Leute waren gekommen, zehn, Pippo sang mit seiner Gitarre zwei Stunden lang, er werde diesen Abend nie vergessen.

Jetzt, es ist inzwischen sein 18. Auftritt in der Mühli, ist er wieder gekommen, wieder allein, nur er, seine Stimme, das Piano und die Gitarre, sein neues Soloprogramm mit 160 Konzerten in diesem Jahr quer durch Europa – und das Konzert war innert kürzester Zeit ausverkauft, wie es fast alle Konzerte an diesem Ort sind, 500 standen (vorwiegend) oder sassen dicht gedrängt auf drei Etagen.

Pippo sang als erstes sein Lied, das sein erstes Lied überhaupt war und er auf seinem ersten (inzwischen sind es 25) Album aufgenommen hatte, 1987, «Aspettando che sia mattino», in Erwartung des Morgens, und er spielte an diesem Samstag auch dieses neue Lied, «La Strada» heisst es, mit diesen Worten am Ende:

Wähle deinen Weg, es geht ohne mich
Aber ich werde dich nie allein lassen
Und im Himmel, wo es keine Zeit gibt
Fliegt dieses Lied
Es wartet darauf, dass es morgen wird.

Pippo Pollina in der Mühle Hunziken
am 13. Januar 2024 (Youtube Fredy Wettstein)


Es werden noch viele Lieder durch die Mühli fliegen. Und die Menschen verzaubern. Die Zeit bleibt jeweils stehen. Für einen Abend oder eine Nacht. «Nell’attimo», im Augenblick, heisst Pollinas neues Album.

Die ehemalige Futtermühle, das Museum, das kultige Konzertlokal ist ein Ort für so vieles. Für immer neue wunderbare Augenblicke.


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