Spass in den Wellen

Blog-Nr. 286



Sie schauen hinaus aufs offene Meer, warten auf die Welle, sie springen in sie hinein, warten auf die nächste, diese werden immer höher an diesem Tag, an dem der spanische Wetterdienst gemeldet hat, es werde erstmals in diesem endlosen Sommer herbstlich und grau und regnerisch.

Und dann ist es auf der Insel doch wieder ein wunderbarer Tag, blau, mit Sonne, die brennt, aber eben mit viel Wind und dadurch starken Wellen. Sie hören nicht auf, im Meer zu springen und sich treiben zu lassen, sie springen bis es dunkel wird, und die Kinder wollen nicht, dass es dunkel wird, sie geniessen es einfach, sie haben kein Gefühl für die Zeit.

Die Wellen und die Kinder. Die Unbeschwertheit des Lebens. Die Kinder denken und überlegen nicht, was morgen sein wird, sie leben im Heute, nicht im Morgen, nicht im Gestern, nur im Augenblick, im Rausch der Wellen, von denen sie nur wissen, dass die nächste kommt. 

Kinder, kleine Kinder, fragen nicht nach der Zukunft, ihr Verstand blockiert sie nicht, sie haben keine Angst, höchstens, in diesem Moment an diesem Ort, Respekt vor der nächsten Welle, die vielleicht noch höher sein wird. Aber dann springen sie und lachen wieder und schreien vor Freude. Sie haben Spass, einfach nur Spass.

Sich-treibenlassen in den Meerwellen

Und wir Erwachsenen in dieser Bucht im Süden der Insel schauen ihnen zu, im Sand oder auf einer Liege und lesen vielleicht, einige ein Buch, nicht viele, die meisten haben ihr Handy vor den Augen und lesen bestimmt auch die schrecklichen Nachrichten in dieser Welt, die immer schlimmer werden, und wir fragen uns, was kommt noch und was wird morgen sein, wird es noch schrecklicher, Israel, Palästina, Ukraine, Russland, Putin bei den Chinesen, die arabischen Demonstrationen für Palästina und die Proteste gegen den Westen, hört denn das nicht auf, was kommt als nächstes, wieder eine Pandemie, noch andere Konflikte? Die Medien sind immer auch voll von Szenarien, die uns für morgen Angst machen sollen.

Es war einige Tage zuvor, in einem Restaurant direkt am Meer, die Sonne ging langsam unter am Horizont, und sie war so rot, dass es nur noch kitschig aussah, wie ein Grossbrand in der Ferne, und zwei Erwachsene genossen jetzt den Moment, einen Negroni vor sich, nicht den ersten. Und in diesen Sekunden vergessen auch sie das Gestern und Morgen und leben im Heute. Das Kind am Tisch hat seinen Ipad vor sich, und es schaut das Spiel der Schweizer Fussballer gegen Weissrussland.

«Neiiiii!!!», der Fluch vor dem Ipad

Irgendwann schreit das Kind, es ist ein Bube, 9-jährig: «Neiiiiiii!!!», er benutzt dazu ein Wort, das auch aus kindlichem Munde nicht schön tönt, er regt sich auf, denn er fiebert mit der Schweiz, die Weissrussen haben in diesem Moment aber das 3:1 geschossen. Am Ende steht es 3:3, immer noch blamabel für die Schweiz. Das Kind, es hat keine Fragen, hat auf dem Ipad aber längst ein Spiel gestartet, ein Spiel, das Kinder lieben, es hat daran seinen Spass.

Die Erwachsenen jedoch leben nicht mehr im Moment, vergessen das Meer, noch rötlich gefärbt, bald bläulich, die Sonne, die jetzt abgetaucht ist, sie haben keine Augen mehr für die Romantik, die zuerst im Licht und dann im Schatten des Sonnenuntergangs die schönsten Gefühle bringen könnte, sie sagen: Was bedeutet das? Ist Yakin noch der Richtige?

Sonnenkitsch mit einem Negroni



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