Federer soll tun, was er will
Es geht um Federer. Aber eigentlich geht es um mehr, wenn das nicht ein Widerspruch ist. Denn mehr als Federer gibt es gar nicht, zumindest bei uns in der Schweiz, aber auch anderswo, Federer ist eine globale Figur, auf der Stufe von George Clooney oder Roberto de Niro oder Lionel Messi.
Wo sich Clooney oder Messi oder eben Federer aufhalten, was sie tun, wird bekannt, in der heutigen Zeit sowieso, wo jeder mit seinem Handy ein Paparazzo ist.
Wie kürzlich. Federer war mit seiner Familie im Hallenstadion bei Elton John und seiner Abschiedstour, einer von 10 000, irgendwo in der Halle, aber es gab dann nachher doch Bilder in der Zeitung und auf sozialen Medien, klar, er kann nichts unerkannt tun. Und anderntags stand er bei Coldplay gar auf der Bühne im Letzigrund, 50 000 sahen ihn eine Rassel schwingen, ein Mikrofon vor sich. Offenbar wollte er dies gar nicht machen, wie er auf BBC sagte, seine Tochter habe ihn aber gebeten, Papi solle diese Einladung der britischen Popgruppe unbedingt annehmen.
Familie Federer im Hallenstadion bei Elton John |
Eine Journalistin kritisierte den Auftritt. Sie schrieb in einer grossen Zeitung eine Glosse, meinte es aber ernst, sie bezeichnete sich als Roger-Federer-Fan, wie wir fast alle, sie aber offenbar als einer der denkbar grössten (ihre Worte), und doch macht sie sich Sorgen. Roger, sie ist ja per Du mit ihm, sei ein Partycrasher, es war der Titel. Wir müssen uns, schrieb sie, auf das Schlimmste gefasst machen, er würde wohl bald bei Rammstein in der Row Zero mittanzen.
Soll er. Wenn er Rammstein, die Musik, mag. Die Einladung zur Afterparty kann er ja ablehnen. Aber besser, haben wir gelesen, soll er sich eine Motorjacht kaufen und auf dem Mittelmeer herumschippern, das sei klüger gegen Sinnkrisen und Depressionen, von denen Menschen im plötzlichen Ruhestand befallen werden können.
Und dann? Wenn dann auch Fotos kommen, und sie kommen sicher von uns Paparazzi, die ihn in Vogue-Badeshorts auf dem Deck zeigen, vielleicht mit einem Glas in der Hand und vielleicht ist auch die Princess of Wales eingeladen?
Die Bilder werden um die Welt gehen, und auch die Zeitung dieser Journalistin druckt es, wie sie auch online an prominenter Stelle schon am frühen Morgen nach dem Konzert im Letzigrund verbreitet hat, dass Federer mit Coldplay gerockt habe.
Weil es Klicks gibt. Weil nur schon der Name «Federer» Einschaltquoten garantiert.
Soll er deshalb nichts mehr tun dürfen? Er soll. Was auch immer. Und ihm Spass macht. Es ist sein Leben. Wir nehmen daran teil, ob wir wollen oder nicht.
Die Medien wollen es. Aus Eigennutz.
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