Hallelujah


Keine Worte mehr zu Lionel Messi. Dachte ich. Es ist alles gesagt. Nach diesem Sonntag in Doha, mit diesen Bildern, nach diesem wunderbaren Finale.

Und dann sass ich im Kino. Wegen Leonard Cohen, dem ich in viele Städte nachgereist bin und dessen grossartige Songs in manchen Momenten des Lebens nahe waren, es immer noch sind, in glücklichen und traurigen und immer wieder melancholischen, und der leider nicht mehr unter uns ist, im November 2016 starb er, 82-jährig.

Und jetzt gibt es diesen sehr schönen Film, «Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song» heisst er, es ist Cohens Geschichte und die Geschichte eines Songs, dem vielleicht meist gecoverten in der Musikgeschichte. Cohens Plattenfirma fand das Lied und das Album dazu, «Various Positions», seinerzeit zu schlecht für den amerikanischen Markt, und erst später wurde es zur Hymne, die überall auf der Welt gespielt wird, an Hochzeiten wie an Beerdigungen. 

Sie steht für Hoffnung und Trost, man kann ganz vieles hinein interpretieren, es geht um Zweifel an Gott und der Liebe, religiös und ganz weltlich, mit Anekdoten aus der Bibel und auch erotischen Anspielungen.  «She tied you to her kitchen chair, she broke your throne and she cut your hair», heisst es in einer Zeil von »Hallelujah». Cohen schrieb in seinem Buch «Beautiful Losers» aber einmal: «Ich glaube nicht, dass Geister erotische Botschaften in mein warmes Herz flüstern werden.»

Das Lied hat einen langen Weg genommen. Gegen 180 Strophen, sagt Cohen, habe er in unzählige Notizbücher geschrieben, zuletzt reduzierte er den Text auf 6, er sagt im Film: «Ich erinnere mich noch, wie ich in Unterwäsche auf dem Teppich lag und immer wieder mit dem Kopf auf den Boden schlug und sagte: Ich kann das nicht mehr. Es ist zu schwer und zu einsam.»

Leonard Cohen: «Ein Song ist ein Geschenk.»

Erst als der Waliser John Cale, einst bei der Band Velvet Underground, mit veränderten Strophen, und später Jeff Buckley, mit Gitarre statt Klavier, neue Versionen des Songs spielten, wurde «Hallelujah» weltweit berühmt, vor allem auch als er im Animationsfilm «Shrek» auftauchte, hier in einer Version, die auch Kindern zugetraut werden konnte. 

Für Bob Dylan ist das Lied eines der grössten in der Popgeschichte, er nahm es in einigen seiner Konzerte in sein Programm auf, auch 1987 in Paris, und Cohen, der damals in der Stadt lebte, sass im Publikum. Am nächsten Tag, wird im Film die Geschichte erzählt, trafen sich die beiden in einem Café im 14. Arrondissement. Sie redeten über ihre Arbeit, über das Songschreiben, und Dylan fragte Cohen, wie lange er gebraucht habe, um «Hallelujah» zu schreiben.

«Drei, vier Jahre» antwortete Cohen, und im Laufe des Gesprächs im Café lobte er dann Dylans Song «I And I» und fragte, wie lange er denn dafür gebraucht habe.

Dylan habe mit den Schultern gezuckt und gesagt: «15 Minuten».

Leonard Cohen und Bob Dylan

Und in dieser Szene im Film dachte ich, wie es wäre, wenn Lionel Messi und Diego Armando Maradona sich irgendwann in einer Stadt zu einem Kaffee getroffen hätten oder vielleicht, zumindest bei Maradona, einem anderen Getränk, schön wäre es, in La Boca in Buenos Aires zu einem Maté. Auch Messi schwärmte, wie jeder Argentinier, von Maradona, so, wie Dylan für Cohen ein grosses Vorbild war. Und hätten sie über ihre fussballerischen Glanzstücke geredet, wer hätte wen was gefragt? Wie lange hast du geübt, um das zu können, diesen Trick, dieses Dribbling?

Cohen sagt im Film, er habe gegenüber Dylan gelogen, er habe nicht nur drei oder vier Jahre an Hallelujah gearbeitet sondern noch einige Jahre mehr. «Woher so ein Song eigentlich kommt, weiss niemand. Ein Song ist eine Gnade, ein Geschenk, das einem nicht gehört.»

«But you d'ont really care for music, do you?», noch eine Zeile aus «Hallelujah». Doch, wir tun es. Und vermissen ihn.

Hallelujah. Lobet den Herrn. Cohen-Enthusiasten, geht ins Kino!

Und hier das Video dazu (Youtube)



Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song». - Regie Daniel Geller, Dayna Goldfine. - Seit dieser Woche in den Schweizer Kinos, in Zürich im Houdini.
 
 
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Kommentare

  1. Markus Gisler22.12.22

    Grossartig äer Text, Fredy. Gehe gleich ins Kino. Herzlichen Dank

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  2. Anonym22.12.22

    Lieber Fredy, super dein Cohen Blog, bin auch ein grosser Fan. Vom Halleluja Song gibt’s eine schöne Cover Version von K.D. Lang. En guets Neues. Grüsse Dieter

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  3. Anonym22.12.22

    Berührend!

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  4. Monika Zinnenlauf22.12.22

    berührend!

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  5. Lieber Fredy. Vielen Dank für diesen wunderbaren Blog. Der macht richtig Lust auf den Film!

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  6. Peter Birrer8.1.23

    Fredy wärmt wieder einmal das Herz. Als filmische Ergänzung zu empfehlen: Marianne&Leonard, words of love

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