Warmspielen


Das Cello spielte. Die Trompete. Auch die Gitarre. Und die Flöte und Klarinette. Das Fagott. Die Posaune und Violine. Und noch mehr Instrumente. Alle spielten. Ihre eigenen Töne, quer durcheinander, jeder Musiker und jede Musikerin für sich. Einspielen nennt man es.

Und das Bild bei Fussballklubs kommt mir in den Sinn. Jeweils vor den Trainings. Wenn jeder (und jede) irgendetwas für sich macht. Mit einem Ball jongliert oder einfach mit dem Ball am Fuss auf dem Rasen herumrennt, ihn manchmal hochhebt, mit Kopf oder Schulter oder sonst einem Körperteil streichelt. Von Diego Maradona gibt es dieses wunderbare Video auf Youtube, wie er im Münchner Olympiastadion vor einem Europacupspiel minutenlang, aus den Lautsprechern tönt der Song «Live is Life», mit den offenen Schuhbändeln zirkusreif tanzt, immer lächelt, nie fliegt der Ball auf den Boden. Warmlaufen nennt man das.

Einspielen und warmlaufen. Mit den Instrumenten und dem Ball. 

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Ich durfte im wunderbaren Theater Rigiblick hoch oben über Zürich einer Probe beiwohnen, «Rigiblick goes Orchestral» heisst das Stück, es ist die Eröffnung der Wintersaison, und es geht im Rigiblick um den Rigiblick, eine Rückschau auf die letzten zehn Jahre, mit Musik und Anekdoten. Es ist der zweitletzte Tag vor der Premiere, alle drei Vorstellungen sind bereits ausverkauft, wie oft im Rigiblick mit dem treuen Publikum, nur am Montag gibt es noch ein paar Plätze.

Das Orchester ist auf der Bühne, 20 Frauen und Männer, alle zwischen 30 und 40, verschiedenste Nationalitäten, und allen sieht man an, wieviel Spass sie haben, mit ihren Violinen, Posaunen, Trompeten, Cellos und allen anderen Instrumenten; die Rockband des Hauses steht auf der rechten Seite und vorne die Sängerinnen und Sänger, und natürlich auch er, der Direktor des Theaters, der Macher und Gastgeber, der auch selber singt, der produziert, plant, textet, organisiert und auch gerne schauspielert - Daniel Rohr, 60, der Unermüdliche und Ruhelose.


Das Klarinettenkonzert von Mozart im Theater Rigiblick

In dieser Probe geht es um das Zusammenspiel, das Timing zwischen dem Orchester, der Band und den Musikern. Die Stücke werden gespielt, Songs von den Beatles, Joe Cocker und anderen, zwischendurch auch Mozarts Klarinettenkonzert, der zweite Satz. Der Dirigent, André Bellmont, greift immer wieder ein, korrigiert und lobt, dies vor allem, denn es klingt schon wunderbar, obschon es erst die zweite Probe auf diese Art ist. 

Und die Musiker beklatschen sich gegenseitig, am lautesten applaudiert und lacht Daniel Rohr, seine Begeisterung steckt an. Beim Song «Eloise» von Barry Ryan irrwischt er über die Bühne, liegt zuletzt rücklings auf dem Klavier, sein Mikrofon in die Höhe haltend, singt in dieser Stellung, und zwischendurch setzt er sich auch auf einen Stuhl, den Laptop vor sich, und feilt an seinen Texten, in denen er aus der Geschichte des Rigiblicks erzählen wird. Heute sind diese noch nicht Teil der Probe.




Am Freitag, bei der Premiere, wird alles ineinandergreifen, stehen 40 Leute auf der kleinen Bühne, sie wissen in jedem Moment, was sie jetzt tun müssen, und alles wird so selbstverständlich aussehen, als täten sie seit Wochen nichts anderes.

Und damit zurück zum Fussball. Am selben Abend spielte Manchester City gegen Dortmund, mit Pep Guardiola, dem Trainer der Engländer, für den Fussball eine Wissenschaft ist und der seinen Spielern eintrichtert, dass sie nun besser fünf Zentimeter mehr links als rechts zu stehen haben und die Fussstellung eine etwas andere sein muss, nichts soll Zufall sein, alles, jedes Passspiel, jede Bewegung ist auf dem Computer geplant.

Und dann spielten die Citizens nicht so, wie die Citizens unter Guardiola spielen sollten, und es brauchte einen Glücksschuss eines Verteidigers, um dem Spiel im letzten Moment noch eine Wende zu geben.

Ein Abend im Rigiblick wird geprobt, und die Aufführung wird dann zur Perfektion – im Fussball wird auch geprobt, aber bei der Aufführung bleibt der Zufall im Spiel.

Warmspielen und warmlaufen müssen sich beide.

Theater Rigiblick. Saisoneröffnung mit «Rigiblick goes Orchestral». Vorstellungen am 16., 17. und 18.9. sind ausverkauft. Am Montag, 19.9., und am Silvester, 31.12, gibt es noch Karten.
 

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