Fremde Heimat

Es war ein Abend mit Büne Huber im Zürcher Bernhard-Theater, er wurde von NZZ-Redaktor Peer Teuwsen interviewt, und zwischendurch setzte sich der Berner Sängerpoet ans Klavier und spielte solo einige Lieder, schöne und intime Momente waren es, und Büne Huber verriet auch, dass er daran sei, Lieder für ein neues Album zu schreiben, die Musik fehle noch, die Texte aber habe er im Kopf, ungefähr wenigstens.

Und er erzählte auf der Bühne, er gab sich entspannt, was für eine Stimmung dieses neue Album haben soll, welche Geschichten; er sagte, ein Konzert, eine Stadt, eine Bühne, eine Strasse, ein Haus, ein Zimmer, und so weiter, er erzählte noch mehr, alles sei nicht verraten, aber in diesem Moment ging ein Gedanke durch meinen Kopf.

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Ich war vorher zwei Tage in Berlin gewesen. Eigentlich wollte ich anfangs August wegen den Rolling Stones dorthin, es klappte nicht, es blieb der Flug, und ich suchte einen neuen Grund, nach Berlin zu gehen, es gab das Spiel 1. FC Union gegen Bayern München vier Wochen später.

Fussball statt Musik. Zufällig. Urs Fischer, der Zürcher Trainer, der so gut passt wie kaum ein anderer zu dieser Kultmannschaft im Osten Berlins, machte zwei Stehplatztickets möglich, inmitten der rot-weissen Fans der Eisernen (zum Blog-Beitrag).

Und eben. Ein Flug. Eine Stadt. Ein Spiel. Eine Strasse. Ein Hotel. Ein Zimmer. Eine Nacht. Eine Flussfahrt.

Das Hotel nennt sich das erste Musikhotel Europas. Man hätte an der Rezeption eine Gitarre mitnehmen können ins Zimmer. Es gibt in der Empfangshalle, die Farbe violett dominiert überall, eine kleine Bühne, auf der immer Instrumente stehen, und um Mitternacht sang eine junge Deutsche, sie ist offenbar schon bei Voice of Germany aufgetreten, ihre Stimme ist schön, und eigentlich hört man in diesem Hotel 24 Stunden lang Musik, man kann sich irgendwo hinsetzen, auf die Spree blicken, den Schiffen nachsehen und träumen, um halb drei in der Nacht ist immer noch eine wunderbare Stimmung.


Das Hotel Nhow in Berlin

Hätte es geklappt mit den Stones wäre ich kaum hier gelandet. Hätte es diesen Ort, dieses Hotel, dieses Zimmer, diese Nacht, diese Stimmung nicht gegeben.

Wir brechen manchmal auf und wissen nicht, was uns erwartet. Wir suchen nichts und finden etwas. Und fühlen uns wohl.

Und damit wieder zurück zu Büne Huber. Er spielte an diesem Abend im Bernhard-Theater am Klavier auch sein Lied «Heimat», es heisst darin:

I ha eifach nid so wöue wärde wie die
Ha packt & bi furt vo hie
Nöimen aacho bin I nie
I gha druus, wenn I drinne bi
& Wenn i duss bi, gahn i dry
Myni heimat isch dert, won I no nie bi gsi
Ein Flug. Eine Stadt. Ein Spiel. Ein Hotel. Ein Zimmer. Eine Nacht. Fremd alles, und vom ersten Moment an das Gefühl: Heimat kann sich auch so anfühlen, wenn alles fremd ist. Oder gar nicht fremd wirkt, weil das Gefühl sofort da ist: «Myni heimat isch dert, won I no nie bi gsi.»

Heimat ist zufällig, manchmal. Nur für einen Tag und eine Nacht.

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