Der Kauz hackt Holz

 

Hackt er in seinem Garten in München schon Holz? Zwischendurch mit einem Medizinball unter dem Arm? Und wenn er mal Pause macht? Rührt er minutenlang in seiner Tasse mit Pfefferminztee? Oder spielt er Schach? Um nachher weiter Holz zu hacken? Und vielleicht hat er neben der Holzbeige gar eine Kletterwand aufgestellt.

Holzhacken. Medizinball. Tee. Schach. Kletterwand.

Ich schreibe über einen Trainer. Er war einmal ein sehr erfolgreicher Trainer, gewann viele Titel, zuvor schon als Spieler, aber eigentlich hatte er abgeschlossen mit dem grossen Fussball, zuletzt war er vor einigen Jahren noch in China. Und wurde jetzt in der Not nochmals gerufen, in fast aussichtsloser Lage war der Klub, aber er gilt als Retter, er ist noch nie mit einer Mannschaft abgestiegen.

Das mit dem Holzhacken, das hat er nun gesagt, als er seine letzte (?) Mission erfüllt hatte und sein Klub sich retten konnte, im letzten Spiel. Er sagte, angesprochen auf seine Zukunft, er wird bald 69: «Ich gehe jetzt erst mal nach Hause und werde Holz hacken.»

Das mit dem Medizinball. Dieses Gerät, die Bezeichnung kommt aus Amerika, die Bälle sollen Medizin für den Körper sein, ist sein bevorzugtes Mittel, um seine Spieler zu schlauchen und fit zu machen. Er hetzt sie damit manchmal auch einen Berg hinauf, rauf, runter, rauf, zwischendurch dürfen sie nur auf einem Bein leiden. Und zu seiner Trainingslehre gehört auch Huckepack, ein Spieler trägt den anderen auf dem Rücken, wie einst bei Turnvater Jahn, vor 250 Jahren.

Das mit der Kletterwand. Das hat ein Spieler gesagt, der einmal auch in Barcelona war, und das vor allem darum, weil er Messi im Training einmal aus nächster Nähe bewundern wollte. Sie hätten Bockspringen machen und dann an zwei Eisenstangen hochklettern müssen, um dann die Decke zu berühren, wie früher in der Schule. Ich habe, sagt er, und man spürt fast noch seinen Schweiss, den inneren Schweinehund überwinden müssen.


Felix Magath und seine Medinzinbälle.

Das mit dem Schach spielen. Das hat er mal vor Jahren bei einem Interview in München ausführlich erzählt, das Spiel ist seine Passion. Durch Schach habe er verstanden, dass Fussball nicht aus Glück, Zufall oder Pech bestehe; wenn Läufer getauscht werden, müssten andere Figuren die Arbeit für sie übernehmen.

Das mit dem Tee trinken. Er sass damals beim Interview, und er sitzt eigentlich immer vor einer Tasse Tee, rührt minutenlang mit dem Löffel, und es gibt diese Geschichte, die von ihm erzählt wird. Er hat einen Spieler zu einem Gespräch aufgeboten. Der Spieler kommt in sein Büro, der Trainer rührt auf seinem Stuhl in seinem Pfefferminztee, der Spieler darf sich setzen, der Trainer rührt, keiner spricht, der Spieler schaut irgendwohin, der Trainer nur in seinen Tee, und nach einer Weile wagt der Spieler leise zu fragen: «Und?» Der Trainer sagt, er könne wieder gehen.

Felix Magath, geboren als Wolfgang, aber Felix, der Glückliche, gefiel ihm besser, Sohn eines Vaters aus Puerto Rico und einer deutschen Mutter, ist ein besonderer Typ Trainer. Immer etwas rätselhaft und unergründlich, manchmal etwas zynisch oder ironisch, mit einem eigenen Humor, er wirkt immer etwas misstrauisch, kauzig, er spricht meist langsam und in kurzen Sätzen, mit einem Schmunzeln bei dem man nicht weiss, meint er nun alles ernst.

Quälix wird er, der Felix, genannt, ein Schleifer sei er, und ein Spieler hat mal gesagt, es war lange vor der schlimmen Zeit heute mit Putin, er sei der letzte Diktator Europas.

Der Uetliberg wäre eigentlich ideal für Felix Magath,
 zum Abschluss noch den Aussichtsturm hoch.

Er ist ein reaktionärer Trainer, der eigentlich nicht mehr passt in die heutige Welt, und doch ist es schade, dass er wieder und diesmal vielleicht endgültig weg ist, Holz hackt oder Schach spielt und dabei seinen Tee seelenruhig rührt. Seine Auftritte vor den Fernsehkameras sind immer ein Schauspiel, auch zuletzt wieder, als er Hertha Berlin rettete und sagte, die Aufstellung habe nicht er gemacht, sondern ein Spieler. Der, der den inneren Schweinehund überwinden musste, Kevin-Prince Boateng.

FCZ-Präsident Ancillo Canepa wedelt ja zusammen mit seinen beiden Hunden, wenn er einen Namen aus der Bundesliga hört, und er ist auf der Suche nach einem neuen Mann für seinen Klub. Aber der FC Zürich sieht sich (und ist es jetzt auch wieder) als Spitzenklub und braucht, wenigstens momentan, keinen Retter. Wobei: der Uetliberg wäre ideal für Magath mit seinen Medizinbällen, zum Abschluss könnte er die Spieler noch den Aussichtsturm hoch hetzen, auf einem Bein, und rückwärts runter.

In einem deutschen Liveticker wurde Magath bereits für den Medizinballnobelpreis vorgeschlagen. Wenn einer diesen Sauhaufen in Berlin fit bekomme, dann habe er diese Auszeichnung verdient. 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kuno Lauener und der Fotograf

Besuch bei Mamma

Hoarau – bitte nicht, YB!

Diego (8): «Yanick, Yanick»

Abschied nehmen

Das Flick-Werk

Chaos bei GC

Weite Reisen

Genug ist genug

Chloote!!!