Kunos Lied
Und seine Geschichte von einer Frau und einem Mann, die sich nichts mehr zu sagen haben, alles ist beredet, sie hocken abends gelangweilt auf dem Sofa, jeder auf seinem Platz, die Flasche Rotwein ist fast getrunken, sie schalten noch den Fernseher ein, weil jedes Wort nichts mehr bringen würde. Und sie sehen Schachtar gegen Gent, die zweite Halbzeit, ein Spiel, das kaum jemand interessiert, es ist nicht Real Madrid gegen Manchester City.
Ich höre also den Song – und: Schachtar! Donezk!
Jetzt, der Himmel ist blau, die Sonne wärmt, eine Palme biegt sich leicht im Wind, ein schöner Frühsommertag, jetzt ist die trübe und angstmachende Welt zurück. Schachtar, 13-mal schon ukrainischer Fussball-Meister, kann seit acht Jahren nicht mehr in Donezk spielen, das Stadion, die Donbass Arena, gebaut für die EM 2012, war schon vor acht Jahren von den Russen zerbombt worden. Sie mussten seither immer im Exil, in Lemberg, nachher Charkiw, zuletzt in Kiew spielen, und seit dem 24. Februar, als Putin den Angriffskrieg begonnen hatte, ist die Meisterschaft unterbrochen, die Spieler von Schachtar, darunter viele Brasilianer, mussten fliehen.
Seit kurzem trägt die Mannschaft Benefizspiele aus, in der Türkei, in Griechenland, es ist ihre «Friedenstour», und der Klub hat damit schon einige hunderttausend Euro eingenommen, spendet dies dem ukrainischen Militär und den Kriegsopfern. Statt den Spielernamen auf den Leibchen stehen dort jene von Städten, die bombardiert wurden oder immer noch werden.
Das Lied «Schachtar gäge Gent» ist eines auf dem Album «Love» von Züri West, erschienen vor fünf Jahren, dem vorläufig letzten der Band, es sind viele melancholische Lieder darauf, die von Abschied und Entfremdung handeln, von verlorener Hoffnung, eigentlich müsste das Album «End of Love» heissen.
Und «Schachtar gäge Gent» ist so aktuell wie noch nie. Gäbe es doch, bitte, bald dieses Spiel wieder, das Paar auf dem Sofa, wir alle würden gespannt hinschauen, vielleicht hätten Kunos Zeilen im Lied einen anderen Sinn:
«Mir hocke ufem Sofa
Jedes uf sym Platz
Zwöiti Haubzyt Schachtar gägä Gent
Mir trinke d'Fläschä uus
u när gömer ga schlafe
Scho wider ei Tag meh,
wo mir üs nonid hei trennt.»
Und ja, vielleicht, hören wir Kuno Lauener und Züri West irgendwann doch noch einmal mit neuen Songs, die uns dann auf irgendeiner Insel zu ganz anderen Gedanken führen.
👌hoffentlich bald wieder🔆🔆
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