Büne und der lange Tisch
Bruno, der Werber, summt zufrieden und sieht sehr entspannt aus, und er hört auch nicht auf zu summen, als er an den runden Tisch im Bistro tritt, maskenlos, was sicher auch zu seiner Entspannung beiträgt, aber das kann nicht allein der Grund sein. Luca, der Architekt, mit dem er manchmal den morgendlichen Espresso trinkt, sieht ihn kopfschüttelnd an.
Hm, was ist nur mit dir los? Bruno summt weiter, Luca erkennt die Melodie nicht.
Kennst du es nicht? fragt jetzt Bruno, er sei gestern in der Halle 11 in Oerlikon an einem Konzert gewesen, wunderbar sei es gewesen und unvergesslich, der letzte Tag in Gefangenschaft, aber Büne habe sie befreit, um elf nach acht, als er auf die Bühne trat, habe er gesagt, es sei jetzt zwölfi, und alle oder fast alle im Saal haben ihre Masken abgelegt und es genossen, zum ersten Mal wieder.
Ach dein Büne! lacht jetzt Luca, er weiss natürlich, wie sehr Bruno die Ochsen-Band schätzt, und es sei ja in den letzten Wochen nicht möglich gewesen, diesen Musikern auszuweichen, eine Dok im TV, ein Konzertfilm, ein Kulturplatz, 10 vor 10, Tagesschau, überall Interviews, täglich Büne Huber irgendwo, in allen Zeitungen und 12 Seiten im Magazin.
Ja, und weisst du, was mir am meisten geblieben ist, in diesem Dok-Film im Schweizer Fernsehen? fragt Bruno. Büne ist nicht nur Frontmann der Band, er ist alles, Trainer, Coach, Antreiber, Vater, Bruder, Psychologe, Schafhirte, Seelsorger, und er singt ja nicht nur, er malt und dichtet auch, und was er immer betont, sei im Film so deutlich geworden: Diese Band ist eine grosse Familie.
Luca, er hat den Espresso längst getrunken, wird es zuviel, zu viel Büne. Es gibt doch im Moment ganz andere, ernstere Themen in unserer Welt, sagt er, nimmt die «NZZ», die auf dem Tisch vor ihnen liegt, und erzählt von einem anderen, sehr monströsen Tisch. Er zeigt das Bild in der Zeitung, weiss und sechs Meter lang ist er, mit drei verzierten Säulen, ein italienischer Designer aus Como habe ihn produziert und 100 000 Euro hätte er gekostet, und er stehe im Kreml, und an diesem Tisch empfange Putin seine Gäste, einer sitze an diesem Ende und der andere am anderen, und die «Süddeutsche» habe in einer Kolumne geschrieben, am besten würden sie, Putin und Macron oder Putin und Scholz, wie zuletzt, mittels E-Mail miteinander kommunizieren, bei dieser riesigen Distanz.
Was willst du damit nun sagen? fragt Bruno, summt jetzt nicht mehr, sondern sagt, «Wo bisch du hüt z Nacht» heisse dieser Song, ursprünglich von der Schlachtplatte der Ochsners, und er sagt:
Die Welt wäre eine bessere, sagt Bruno noch, bevor sie gehen. Mit Songs wie diesen und anderen von Büne, und der habe zum Abschied an diesem Unplugged-Abend in der Halle 11 gesagt, wir sollten doch jetzt alle wieder aufeinander zugehen, auch wenn wir nicht gleicher Meinung seien.
An kleinen Bistrotischen miteinander reden.
«Espresso» ist eine Kolumne, die zwischen 2014 und 2016 im Tages-Anzeiger erschienen ist.
Hm, was ist nur mit dir los? Bruno summt weiter, Luca erkennt die Melodie nicht.
Kennst du es nicht? fragt jetzt Bruno, er sei gestern in der Halle 11 in Oerlikon an einem Konzert gewesen, wunderbar sei es gewesen und unvergesslich, der letzte Tag in Gefangenschaft, aber Büne habe sie befreit, um elf nach acht, als er auf die Bühne trat, habe er gesagt, es sei jetzt zwölfi, und alle oder fast alle im Saal haben ihre Masken abgelegt und es genossen, zum ersten Mal wieder.
Patent Ochsner und ihr Unplugged-Konzert. |
Ach dein Büne! lacht jetzt Luca, er weiss natürlich, wie sehr Bruno die Ochsen-Band schätzt, und es sei ja in den letzten Wochen nicht möglich gewesen, diesen Musikern auszuweichen, eine Dok im TV, ein Konzertfilm, ein Kulturplatz, 10 vor 10, Tagesschau, überall Interviews, täglich Büne Huber irgendwo, in allen Zeitungen und 12 Seiten im Magazin.
Ja, und weisst du, was mir am meisten geblieben ist, in diesem Dok-Film im Schweizer Fernsehen? fragt Bruno. Büne ist nicht nur Frontmann der Band, er ist alles, Trainer, Coach, Antreiber, Vater, Bruder, Psychologe, Schafhirte, Seelsorger, und er singt ja nicht nur, er malt und dichtet auch, und was er immer betont, sei im Film so deutlich geworden: Diese Band ist eine grosse Familie.
Putin und Macron am Sechs-Meter-Tisch im Kreml. |
Luca, er hat den Espresso längst getrunken, wird es zuviel, zu viel Büne. Es gibt doch im Moment ganz andere, ernstere Themen in unserer Welt, sagt er, nimmt die «NZZ», die auf dem Tisch vor ihnen liegt, und erzählt von einem anderen, sehr monströsen Tisch. Er zeigt das Bild in der Zeitung, weiss und sechs Meter lang ist er, mit drei verzierten Säulen, ein italienischer Designer aus Como habe ihn produziert und 100 000 Euro hätte er gekostet, und er stehe im Kreml, und an diesem Tisch empfange Putin seine Gäste, einer sitze an diesem Ende und der andere am anderen, und die «Süddeutsche» habe in einer Kolumne geschrieben, am besten würden sie, Putin und Macron oder Putin und Scholz, wie zuletzt, mittels E-Mail miteinander kommunizieren, bei dieser riesigen Distanz.
Was willst du damit nun sagen? fragt Bruno, summt jetzt nicht mehr, sondern sagt, «Wo bisch du hüt z Nacht» heisse dieser Song, ursprünglich von der Schlachtplatte der Ochsners, und er sagt:
«Wo bisch du hüt z Nacht
Ich ha di lang nümm meh gseh
My Chopf isch so schwär u so vou u mis Härz tuet mir weh
Gib mir none Chance
We’s überhoupt no eini git
Chumm zrügg oder nimm mi mit»
Die Welt wäre eine bessere, sagt Bruno noch, bevor sie gehen. Mit Songs wie diesen und anderen von Büne, und der habe zum Abschied an diesem Unplugged-Abend in der Halle 11 gesagt, wir sollten doch jetzt alle wieder aufeinander zugehen, auch wenn wir nicht gleicher Meinung seien.
An kleinen Bistrotischen miteinander reden.
Patent Ochsner und «Wo bisch du hüt z Nacht» (Youtube)
«Espresso» ist eine Kolumne, die zwischen 2014 und 2016 im Tages-Anzeiger erschienen ist.
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