Männer-Klatsch

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Es ist ein Morgen in einem Bistro im Zürcher Seefeld, es ist grau und düster draussen, es ist November, ein Tag wie es viele gibt im November, melancholische Nebelstimmung, es dämmert den ganzen Tag.

Sie reden über die FDP, jene in Deutschland, die im Aufwind ist, und jene in der Schweiz, über die sie weniger gut reden, dabei sei es mal ihre Partei gewesen.

Sie reden über unsere Stromversorgung, und dass es heikel werden könnte, und das in der Schweiz, sagt einer.

Sie reden über Weihnachten, den Rummel, die Beleuchtung an der Bahnhofstrasse, sie hänge schon, die Migros mache dieses Jahr eine Werbung mit einer Drohne, die Geschenke bringt, immer verrückter sei das, und einer sagt, er sei froh, wenn es 1. Januar sei.

Sie reden über «Wetten dass …?“, und es sei wie früher an diesem Samstagabend, nur, dass eben nicht mehr die ganze Familie gemeinsam vor dem Bildschirm sitze, und sie reden darüber, wie schrill Gottschalk wohl diesmal wieder gekleidet sei. Er sei doch alt geworden, sehe aber immer noch gleich aus wie vor dreissig Jahren, sagt einer.

Sie reden über Dortmund und jetzt kurz über Fussball, diese rote Karte, die doch keine gewesen sei, aber der Hummel oder wie der heisse, der könne doch an diesem Ort nicht einfach so reingrätschen, sagt einer, die anderen haben das Spiel nicht gesehen, sie würden kein Abo für diesen Sender zahlen, das würden sie nicht mitmachen.

Sie reden über Trump, und einer sagt, ihr werdet sehen, der wird nochmals Präsident.

Sie reden über eine Beiz im Quartier, und habt ihr auch gehört, sagt einer, die schliesse jetzt dann, abgerissen werde das Haus, und es gebe nachher sicher teure Wohnungen, wie überall im Seefeld.

Sie reden über den Benzinpreis, der immer höher klettert, das Tram, der Vierer, fährt draussen vorbei, und einer sagt, er steige jetzt dann um auf das Tram, und alle lachen, denn sie wissen, dass er schon länger nicht mehr Auto fährt, Auto fahren darf.

Früher hat man das Laub doch einfach liegen gelassen.

Schau, sagt einer, friert denn diese Frau nicht? Und alle schauen zum Fenster im Bistro, und eine junge Frau läuft vorbei, und ihre Kleidung ist nicht so, wie eine Kleidung im November angepasst wäre. Habt ihr gesehen, minus zwei werde es übermorgen in der Nacht, bald schneie es, sagt einer.

Sie reden übers Impfen, das mache er sicher nicht auch noch, sagt einer, vor ihnen auf dem Bistrotisch liegt der Blick, und es liegen auch noch andere Zeitungen da, und auf der Blick-Frontseite sind viele Prominente abgebildet, Russi, Suter, der Schriftsteller, Rohr, der Theaterdirektor, Büne, der Ochsen-Frontman, Hingis, Yakin, andere, die alle sagen, man solle sich unbedingt impfen lassen, aber der, der sich nicht impfen lassen will, meint nicht diese Impfung, sondern jene gegen die Grippe, und die will er nicht auch noch. Ohne mich, sagt er.

Sie reden, weil auf der Strasse einer vorbeigeht und mit seinem Sauger das Laub wegbläst und Krach macht, und einer sagt, früher, da habe man das Laub einfach liegen gelassen, und das sei doch schön und gehöre zum Herbst und irgendwann sei es auch weg gewesen.

Und dann ruft einer «Zahleee!», und der Kellner kommt, und schon im Stehen sagt einer, «Z’abig dänn es Glas Rote», und ein anderer sagt, «oder zwei oder drüü», das tue gut in diesen Tagen im November. Jetzt gehen sie. 

Zuletzt blieb im Bistro nur die Zeitung.

Es war eine Runde von drei Männern, nicht mehr die Jüngsten, und sie sind zusammen an einem kleinen Tisch gesessen, sie sitzen oft hier, nicht immer die gleichen drei zusammen, aber es sind Stammgäste. Sie redeten über vieles, der Übergang zum nächsten Thema entstand manchmal aus einem Wort, es war meistens nicht logisch, es hätten auch ganz andere Themen sein können, sie redeten einfach, die Espressi-Tassen längst leer, vor ihnen Zeitungen, die täglich noch aufliegen in diesem Bistro, möglicherweise haben sie diese vorher auch gelesen.

Keiner nahm sein Handy aus der Tasche, einmal redeten sie auch darüber, wie viele immer im Bistro sässen und nur auf ihre Handys schauen würden ohne ein Wort zu wechseln, sie redeten über eine Stunde lang, alte-Männer-Klatsch an einem grauen Morgen im November.

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