Der Ewige geht

Marco Wölfli und sein Lächeln beim Abschied: Bern, 3. August 2020.

Achtung, das ist Kitsch. Fussball-Kitsch. Gelb-schwarz gefärbt. Einer, der ewig da war, geht. Spielte ein letztes Mal, zumindest in einer Meisterschaft, zog nochmals seine Handschuhe an, lächelte wie er stets freundlich lächelte, auch wenn es für ihn wenig zum Lachen gab. Sein Lächeln war irgendwie immer auch ein Schmunzeln. 

«Es isch guet, dä richtig Moment», sagt Marco Wölfli, die Nummer 1, die zwar in den letzten sechs Jahren meistens die Nummer 2 sein musste und dies ohne Murren tat. 38 ist er bald, und erst 17 war er, YB zweitklassig, Nationalliga B hiess das damals, als er im Oktober 1999 erstmals im Tor stand. Er erlebte den Abschied vom alten Wankdorf, spielte vorübergehend im Neufeld, dann im neuen Wankdorf, das bis vor kurzem Stade de Suisse heissen musste. Er prägte eine lange Geschichte.

Wölfli geht, und alle wissen, dass der Ewige ewig im Kopf bleiben wird. Als Berner Legende. Als einer, der für YB steht im diesem Jahrtausend, für die Auf-und-ab-Geschichte eines Klubs, für Niederlagen, für Abstürze, – aber vor allem für 2018, 2019, 2020, für drei Meistertitel.
Guillaume Hoarau mit Wölfli auf Instagram.

Und er steht vor allem für eines, das es heute fast nicht mehr gibt, weil viele Spieler die Klubs wie ihre Hemden wechseln. Einmal YB, immer YB oder fast immer YB, weil er zwischendurch einmal kurz nach Thun ausgeliehen wurde – 462 Spiele für den gleichen Klub in 22 Jahren.

Gestern Montag durfte er nochmals im YB-Tor stehen, wieder als Meister, als Dank für alles, «Merci Wolf» stand auf Plakaten im fast leeren Stadion, und die Wenigen klatschten, wenn der Ball nur schon in seine Nähe kam. Nach 76 Minuten verliess Wölfli, die Nummer 2, die nochmals die Nummer 1 sein durfte, frühzeitig sein Tor, für einen Sonderabschlussapplaus, aber auch, um der Nummer 3 im YB-Tor noch einige und die ersten Meisterminuten zu schenken. Wölfli, umarmt von allen, zog seine roten Handschuhe aus und hielt später als Erster mit YB-Schal und jetzt im Meister-Shirt den Pokal in den Händen. Und er lächelte. Oder schmunzelte. Sein Sohn auf der Tribüne hatte auch ein Plakat gemalt, «Danke, Papa».

2018, als die Berner nach 32 Jahren zum ersten Mal wieder Meister wurden, schickte Wölfli im Gruppenchat der Mannschaft seinen Kollegen ständig neue Bilder, er und der Pokal in allen nur möglichen Situationen, er schlief auch mit ihm.

Kitschig, oder eher: romantisch. Solche Abschieds-Momente.


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