Fritz Gerbers «Scheissfreude»

Strahlen mit dem Meisterpokal, Fritz Gerber, Hanspeter Zaugg, Rainer E. Gut (v.l.): Hardturmstadion, Mai 2001.

Die Erinnerung an ein Gespräch im «Savoy» in Zürich

Ein Interview mit Rainer E. Gut wollten wir, dem wichtigen Schweizer Wirtschaftsführer – und Fussballfan. Seit Monaten versuchten wir es, immer kam eine Absage, er gäbe selten Interviews, das wüssten wir doch, und er habe eigentlich nichts zu sagen, liess er jeweils ausrichten - bis dann diese Antwort kam: «Wenn, dann nur zusammen mit Fritz Gerber oder am liebsten mit dem ganzen Verwaltungsrat.»

Gut und Gerber, der frühere Präsident der Credit Suisse und später von Nestlé, und Fritz Gerber, Präsident der Zürich Versicherung und dann von Roche, hatten drei Jahre zuvor die Fussballsektion des Grasshopper-Clubs übernommen, sie traten als Investoren auf, als der Club in finanzieller Schieflage und fast am Abgrund gestanden war. Der halbe Swiss-Market-Index habe für GC gebürgt, schrieb die NZZ später einmal.

Sie steckten enorm viel Geld in ihr Hobby, die Schätzungen gehen für die vier Jahre von 80 bis 100 Millionen Franken aus, aber sie wollten keinen Einfluss auf die sportlichen Belange nehmen, es handle sich um ein privates Engagement und habe nichts mit ihren Firmen zu tun.

Mit Gut und Gerber wurde GC 2003 zum vorerst letzten Mal Schweizer Meister, Marcel Koller war damals der Trainer, es war, wie sich später herausstellte, das Ende der Erfolgsgeschichte des einst stolzen Vereins mit 27 Meistertiteln. Heute und nach vielen Irrwegen haben Chinesen das Sagen bei den Grasshoppers.



Tagi-Plakat zum Interview: März, 2002.

Das Gespräch mit den beiden Wirtschaftsmännern, das einzige, zu dem sie bereit waren, fand vor 18 Jahren statt, an einem Tag im März, in einem Raum des Hotel «Savoy» an der Zürcher Bahnhofstrasse, wie gewünscht war der ganze Verwaltungsrat der GC Fussball AG anwesend. Gut bestellte zuerst ein Essen, «wenn ich Hunger habe, bin ich unausstehlich», sagte er, und dann machte er sich daran, die Plätze am grossen Tisch zu verteilen: «Fritz, du da...».

Es redete dann vor allem Gut, alle hörten ihm zu, er füllte den Raum aus, und er erzählte wie er Gerber einst näher kennengelernt hatte. Er habe ihn in seinem «Windjäggli» auf der Hardturmtribüne gesehen, und natürlich habe er gewusst, wer er sei und ihm jeweils «Grüezi» gesagt, aber dann habe er gedacht: Der Generaldirektor der «Zürich» geht an die Matches von GC, das ist doch toll. Ihre enge Freundschaft hatte im Stadion begonnen.

Für Gerber, ein Emmentaler, seien Zürich und GC schon als Kind die grosse Welt gewesen, er habe die Matches jeweils am Radio Beromünster verfolgt, Minelli, Abegglen, Amado oder Huber, das seien die Namen gewesen, von denen er schwärmte, und es gefiel ihm, dass GC fast immer gewonnen hatte.

Zwei Wirtschaftsführer im sportlichen Gespräch: Gut und Gerber, März 2002.

Das Gespräch im Savoy dauerte lange, und am Schluss – die auf diesen Abend angesetzte VR-Sitzung musste noch länger warten – fragte Gerber: «Gibt es jetzt noch das Dessert?» Er lachte dabei und sagte, an einem Bild habe er eine besondere «Scheissfreude». Er strahlte wie ein kleines Kind, als er dieses im «Savoy» nochmals vor sich hatte: Das Bild vom Mai 2001 zeigte ihn und Gut zusammen mit dem damaligen Trainer Hanspeter Zaugg und dem Meisterpokal im Hardturm.


Gerber interessierte sich auch für klassische Musik und Kunst, hatte schon Warhols gesammelt, als noch kaum jemand den amerikanischen Pop-Art-Künstler kannte. Die «Fritz-Gerber-Stiftung» soll begabte junge Menschen in den Bereichen Handwerk, Kunst und Sport unterstützen.

Fritz Gerber starb am vergangenen Sonntag 
91-jährig an den Folgen eines Hirnschlags. 

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