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Es werden Posts vom Juli, 2025 angezeigt.

Händedruck

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Blog-Nr. 416 Weshalb kommt mir jetzt, plötzlich, nur weil ich einen Baum sehe und mich dieser Baum so ablenkt und berührt, das in den Sinn, diese wunderbare (Kinder-)Geschichte von Peter Bichsel, vom alten Mann, der das Leben langweilig findet und der beginnt, dem Tisch Teppich zu sagen und dem Stuhl Wecker und der Zeitung Bett und dem Wecker Fotoapparat und anderem anders? Ein Baum am See, er scheint grüner als sonst, kräftiger, vielleicht weil es bis vor kurzem erneut regnete und es dunkel wurde, als wäre es Nacht mitten am Tag. Aber warum Bichsels Geschichte? Und später wird es etwas heller, bleibt es doch Tag, und ganz schwach, durch die Wolken, leuchtet etwas gelblich, die Sonne, es gibt sie noch – aber warum berührt sie mich so, nehme ich sie ganz kräftig wahr, obwohl sie kaum scheint? Sie lag da, ein lieber Mensch, regungslos in diesem Bett in der Intensivstation, mit einem Tubus im Mund und in der Nase und ganz vielen anderen Schläuchen und Überwachungsmonitoren links und recht...

Kleiderzank

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Blog-Nr. 415 Foto KI generiert Nimm bitte mich, sagt es, sehr liebevoll, es hängt im Schlafzimmer über dem Stuhl, frisch gewaschen, seine Farbe ist ein schönes Grün. Sicher nicht, sagt die Stimme aus dem Schrank nebenan, er hat es gehört, jetzt brauchst du mich. He, es ist Juli, es ist Sommer, das ist meine Zeit, dafür hast du mich damals gekauft, in deiner Boutique im Seefeld, bei Dani, du hattest wie immer nicht lange gezögert, ich habe dir sogleich gefallen und die Farbe steht dir. Willst du, dass er krank wird! Jetzt ist die Stimme aus dem Schrank einiges lauter und mit einem bösen Unterton. Hol mich raus, sonst wirst du krank. He, sei still da drin, auch es spricht auf dem Stuhl jetzt etwas energischer, der Sommer ist meine Zeit. Ich tue ihm gut, er fühlt sich wohler mit mir, blüht auf. Deine Zeit kommt später wieder, ich hoffe aber noch sehr lange nicht. Schweig, per favore! Hör auf mit deinem Kalender und Juli und Sommer und Sonne. Es ist so, wie es ist, schau aus dem Fenster, d...

Schönes Spiel

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Blog-Nr.  414 Ja, es ist jetzt eine Euphorie, und die manchmal nervenden Schreihälse am TV schreien wie sie es bisher nur bei den Männern taten, und beim morgendlichen Café im Bistro reden sie darüber und sagen, hast du gestern gesehen?, und sie reden nicht über Xhaka oder Shaqiri, sondern über Wälti oder Reuteler, Namen, die sie bis vor kurzem gar nicht kannten und nie in den Mund nahmen, wenn sie über Fussball sprachen. Ja, auch ich sitze in diesen Wochen vor dem TV und war zweimal im Stadion, fussballspielende Frauen sah ich zuvor nur auf dem Fallacher in Küsnacht, 2. Liga oder 4. Liga und nur ganz selten am Fernsehen. Und jetzt sass ich im Zug nach Bern und lief im schönsten Sommersonnenschein durch die beflaggte Stadt und sah die vielen Menschen, die sich zum Wankdorf bewegten, beim Fanmarsch vorbei am Bärengraben sollen es 25 000 gewesen sein, eine rote endlose Schlange, war dann im Stadion, das wie ein einziges rotes Tuch war, fieberte mit, zitterte, wenn die Schweizerinnen ...

Texte und Lieder im Garten

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Die nächste musikalische Lesung Donnerstag, 21. August in Winterthur LEIDER ABGESAGT An Orte zurückzukehren, an denen man sich wohl fühlte und die mit Erinnerungen verbunden sind, ist etwas Schönes. Und die musikalische Lesung im wunderbaren Garten an der Wylandstrasse in Winterthur war etwas Besonderes, denn sie war meine erste, vor bald zwei Jahren. Claudia Boller-Fischer hatte mich bei einem gemeinsamen Fest gefragt, ob ich Lust hätte, einmal meine Texte auch zu lesen. Ich zögerte, denn ich hatte das noch nie gemacht; sie blieb aber hartnäckig, und so sagte ich ja, allerdings unter der Bedingung, dass mich jemand mit Liedern begleiten kann, denn ich fand diese Form von Lesungen immer schön. Lukas Langenegger, ein grossartiger Sänger, Gitarrist und Songschreiber, den ich vor allem vom Theater Rigiblick her kannte, sagte zu. Und jetzt machen wir es wieder, zum inzwischen sechsten Mal, Lukas und ich – und eben dort, wo wir unsere Premiere hatten. Am 21. August, einem Donnerstagabend ....

Fussball, anders

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Blog-Nr. 413 Wenn Mama und Papa und Nonna und Nonno und Bruder und Schwester und Verwandte und Schulschatz und die Lehrerin und der Lehrer am Spielfeldrand stehen und fiebern und klatschen und rufen und feiern, dann ist Schüeli , wie in Küsnacht mit 1200 Kindern in 14 Kategorien. Wenn ein Mädchen, vielleicht zwölf, nach dem Spiel zusammen mit ihren Kolleginnen strahlend vom Rasen läuft und zum Coach sagt: «Jetzt sind mer die Beschte vo Chüsnacht.» Und der Coach, der ihr Vater ist, sagt: «Das nanig, es isch erscht eis Spiel gsi» Wenn ein anderes Mädchen, noch sehr klein, das Tor ist viel zu gross für sie, immer wieder den Ball aus dem Netz holen muss, die Arme, weil er einfach nicht zu fangen war – Buben haben geschossen – , und ihre Mitspielerinnen versuchen sie zu trösten, legen den Arm um ihre schmalen Schultern, aber dann gehen sie weg, stecken die Köpfe zusammen und tuscheln miteinander, man hört nicht, was sie sagen, aber man sieht es dann, nach dem nächsten Tor, als die Arme wied...

No Surrender! Nacht der Hoffnung

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Blog-Nr. 412 Es ist heiss, brütendschwitzenddurstigheiss in diesem Kessel im Mailänder Quartier San Siro, dem vielleicht schönsten von allen alten Stadien, mit den steilen Tribünen und hoch zum Himmel ragenden vier Türmen. Bruce Springsteen sagte einmal, es sei für ihn einer der besten Orte, und er stehe gerne auf dieser Bühne, sie würden hier in Italien musikalisch so viel verstehen. 60 000 sind gekommen an diesem Montagabend, dem letzten Tag im Juni, und nochmals 60 000 werden es am Donnerstag im San Siro sein. In Manchester hatte die «Land of Hope und Dreams»- Tournee begonnen, mit zehn Stationen in Europa, und in Mailand endet sie, und dann soll er, sagt der selbstverliebte mächtigste Mann, in sein Land zurückkehren und, schrieb ER auf seiner Plattform: «Wir werden sehen, wie es ihm dann geht.» Die Dörrpflaume eines Rockstars nannte ER ihn, und er solle den Mund halten, in Grossbuchstaben geschrieben. Das tut Bruce auch in Mailand nicht. Er sagt es auch hier wie zuvor in Mancheste...